580 - Erster Zusammenstoss bei Mauls


Zusammentreffen mit Rouyer war kein freundliches, über die braven Sachsen hatte der Franzose nur harte Worte. Sie, die sich nicht bewährt hatten, sollten ihm wenigstens die Strasse nach Innsbruck sichern und hatten sogleich den Rückmarsch zum Brenner anzutreten. 1) Er selbst aber machte sich sogleich daran, um, wie er dachte, mit diesen Bauern rasch fertig zu werden. Als seine Division unter den Klängen der Musik zur Stadt hinauszog, meinten wohl auch die Bürger, es wäre nicht zu glauben, „dass ein so schönes Korps nicht durchdringen könnte". 2)

Es war am Nachmittag des 6. August, am Sonntag Portiunkula, einem Feste, das die christliche Gemeinde am Tisch des Herrn zu versammeln pflegte. Die Stürmermassen waren von Oberau bis Mauls vorgegangen, und mancher verrichtete hier noch seine Andacht. An Priestern war kein Mangel, neun Feldpater trafen sich in der Kirche des Dorfes. 3) Die Feier des Sonntags und die Ermüdung nach dem zweitägigen Kampfe, welche der vorsorgliche Mahrwirt durch reichliche Herbeischaffung von Wein und Speise zu beheben bemüht war, 4) mögen der bäuerlichen Felddisziplin nicht eben förderlich gewesen sein. Es war daher den Tirolern eine höchst unangenehme Überraschung, als Lefebres frische Truppen sich plötzlich näherten. Die Reiter sprengten voraus. Einige Ranzionierte, welche als Vorposten standen, liefen zurück und lärmten mit dem Rufe: Bauern, wir sind verloren! Hurtigen Laufes schlugen sich die Leute in die nahen Bergabhänge, aber so mancher wurde von den Berittenen eingeholt und „zusammengeflickt". 5) Auf einen Kampf in den Feldern wollten es die Bauern nicht ankommen lassen, dafür eröffneten sie aus der Höhe, von Haspinger wieder in Ordnung gebracht, 6) ein heftiges Geplänkel auf den Feind. So rückte der Abend heran, und Lefebre hielt die Tageszeit zu weit vorgeschritten, um sich noch in die den Sachsen so verhängnisvoll gewordenen Defileen unterhalb Mauls hineinzuwagen. Vielleicht, so überlegte der Marschall, hatte die plötzliche Kavallerieattacke die Bauern derart stutzig gemacht, dass sie Verhandlungen, einer Beredung zu friedlichem Auseinandergehen, zugänglich wären. Ein Kapuziner von Sterzing, P. Hyginus, musste einen Brief des Marschalls den Tirolern überbringen, worin unter den schwersten Androhungen die Rückkehr zur Ruhe

1) Dabei wurden die Geiseln wieder frei, welche Rouyer in Sterzing ausgehoben hatte. Unter ihnen war auch der Chronist Hochrainer, den man fälschlich für einen Freund Hofers, weil dieser in seinem Gasthof anzukehren pflegte, ausgegeben hatte.
2) Hochrainer a. a. O.
3) Gruber a. a. O. Er nennt da auch den Kooperator Joh. Tauber von Layen und Kohlgruber von Pustertal.
4) Hepperger zum 9. Aug.: „Auf Ersuchen des Mahrwirtes musste man 20 Yhren Wein nach Brixen senden."
5) Gruber a. a. O.
6) Gruber schreibt: „Das Paterle sah ich wohl herumspringen."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 580

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.