559 - Hofer in Sachsenburg


Aktuar des Münchener Landgerichtes, Freiherr August von Rechberg, erhielt Befehl, sogleich nach Brixen abzugehen. 1) Er konnte sich die Reise ersparen. Die ganze Hofkommission hatte eigentlich nur ein Eintagsdasein. Am 9. August hielt sie ihre erste und einzige. Plenarsitzung, am 10. enteilte sie unaufhaltsam über die Grenze, um dem mit ungeahnter Plötzlichkeit allseits aufsteigenden Gewittersturm des neuen Aufstandes zu entrinnen. Es wiederholte sich, was man schon im Mai erfahren hatte: von der Mitte des Landes aus durchflogen die zündenden Funken die Gaue. Ihr haben wir uns nunmehr zuzuwenden.

Wir wissen, warum Hofer seine Schritte nach Pustertal lenkte. Am 21. Juli saß General Schmidt mit dem Büchsenspanner und Hauptmann Steger in Lienz beim Mittagstisch, als der Sandwirt zu ihnen eintrat. 2) Fröhlich trank man sich gegenseitig Gesundheit zu und verabredete für den nächsten Tag einen Besuch Sachsenburgs, um dessen Befestigungswerke zu besichtigen. Dort angelangt, trafen sie einen französischen Offizier als Parlamentär, welcher ein bedrucktes Blatt übergab mit den Punktationen des Waffenstillstandes. Zornig zerknitterte es Hofer in seiner Faust und rief dem Franzosen zu: Eure Lügen kennt man schon, dieser Stillstand gilt nichts. In der nächsten Minute gewann des Sandwirts Gutmütigkeit wieder die Oberhand. Mit dem guten Tiroler Tropfen, den der Festungskommandant, Major Krapf, aufgestellt, nötigte er den zögernden Unterhändler, kräftig Bescheid zu tun. Noch am selben Tage ging man nach Lienz zurück, und Hofer entwarf mit Kolb den bekannten Aufruf. 3)

Die Beweise vom Bestand der Waffenruhe häuften sich. Auch Hofer konnte sich ihnen nicht entziehen. Den Stillstandsvertrag las er durch die Brille, welche ihm das erzherzogliche Schreiben an Buol aufsetzte, das auch zu seiner Kenntnis gelangte, und der Rapport des Boten Wieland. 4) In einem Umlaufschreiben, wo er zu öffentlichen Gebeten aufforderte und Versorgung der Kompagnien, die sich also nicht auflösen sollten, verlangte, empfahl er, das abziehende Militär aufzuhalten, denn das sei

1) Königl. Entschliess. v. 7. Aug. M. K.
2) Stegers Relation über 1809, Handschr. in A. G.
3) S. ob. p. 539.
4) Die Mém. de Mais überliefern folgendes Schreiben Peter Wielands an den Verteidigungsausschuss in Schlanders v. 31. Juli: „Ich habe am 20. Juli mit dem Kaiser Franz gesprochen, welcher mir sagte, dass er Tirol und Vorarlberg nach vollendetem Waffenstillstand durchaus nicht aus Handen lassen wolle. Darauf reiste ich nach Papa zum E. Johann. Dieser sagte mir, dass ihm und dem Kaiser der Stillstand sehr am Herzen liege, da er nur noch zehn Tage dauern wird. Diesen Stillstand musste der E. Karl darum schließen, weil die Russen den Franzosen nach Polen zu Hilfe kamen. Es scheint mir daher ratsam, alle Kompagnien in Ordnung zu setzen, damit man unsere Grenzen bei Annäherung versehen könne." Der Verfasser der Mém. setzt bei: „Ein klarer Beweis, dass der Kaiser von einer Abtretung Tirols an den Feind nichts gesagt hat.
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Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 559

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.