558 - Lefebres Eingriffe


wollen die Bayern selbständige Strafexekution vornehmen, so sollen sie die in Aussicht gestellten Spezialgerichte ins Leben treten lassen. Dagegen ward Lefebre vorgehalten, dass er notorische Bayernfeinde wie Schneeburg und Stadler in sein Komitee berufen habe. Diesen Vorwurf parierten die Franzosen, indem sie entgegneten, Einheimische hätten sie nur herangezogen, um das Geschäft der Verpflegung in Gang zu bringen, Strafsachen würden nur von den militärischen Mitgliedern ihres Ausschusses erledigt. 1) Man einigte sich endlich dahin, dass der französische Ausschuss nach Entlassung der zwei tirolischen Mitglieder nur als Militärgericht, die bayrische Hofkommission als ausschließliche Zivilbehörde walten sollte. Dipauli aber, welcher darüber dem König Bericht erstattete, gab den Rat, alles vorläufig in der Schwebe zu lassen und Lefebres weitere Erfolge abzuwarten.

Trotz dieser Häkeleien ging Bayern eiligst ans Werk, um die Landesverwaltung wieder in die Hand zu nehmen. Wer bei den vorausgegangenen Aufständen geflohen war, wurde aufgefordert, auf seinen früheren Posten zurückzukehren. Für die Beamtenschaft im Lande war schon eine starke Durcheinandermischung geplant. 2) In München war die Hofkommission als zentrales Organ für das ganze Land, für alle drei Kreise gedacht, also Rechberg als Generalkommissär für Tirol. 3) Dem entsprechend konstituierte sich die Kommission zu einem Landesgeneralkommissariat und ergänzte sich durch Berufung der bisherigen Räte Trentinaglia, Martini und Benz. Für den von Hormayr bestellten Polizeikommissär Atzwanger hatte Landrichter Beck einzurücken. Allein auch in diesem zivilen Wirkungskreis trat Lefebre in die Quere, indem er eigenmächtig einen Generalkommissär für den Eisackkreis ernannte, den Obersten Graf Max Arco, der sich, ohne seinen Kreis zu betreten, den Untertanen sogleich in Proklamationen als ihr neuer Chef vorstellte. In München dissimulierte man diesen Eingriff und war zufrieden, dass Arco wenigstens um die Beigabe eines vertrauten Beamten bat. Ein junger

1) Weinbach schreibt dem König: Die Berufung Schneeburgs und des „berüchtigten" Stadler beruhe in den Grundsätzen Lefebres, welcher die Chefs mit Vorteil benützen, unschädlich machen, vielleicht auch gewinnen will; Vorstellungen, die man bei ihm dagegen erhebe, seien umsonst.
2) Ein Konzept v. 6. Aug. (M. K.) enthält bereits eine ganze Menge von Dislokationen in einzelnen tirolischen Gerichten. Zur Ausfertigung ließen es die rasch folgenden Ereignisse nicht mehr kommen. Das bürokratische Schreibgeschäft konnte dem schnellen Laufe der Dinge nicht folgen. So verfasste Finanzdirektor Senger einen Bericht an den König am 26. Mai; bis die Reinschrift fertig war, war Deroy schon aus dem Lande. Derselbe Senger entwarf am 2. August wieder einen Bericht; auch dieser blieb infolge der Ereignisse der nächsten Tage wieder in Innsbruck liegen. (J. St.) Um seine Stellung besorgt und von seinem Freunde Dipauli ermuntert, verfasste Rapp eine Rechtfertigungsschrift über sein Verhalten während der Unruhen und reichte sie bei der Hofkommission ein. Simon Moriggl, Biogr. d. Dr. Jos. Rapp p. 18.
3) Königl. Dekret v. 26. Juli. M. K.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 558

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.