535 - Verzögerung der Stillstandsnachricht


Friede" koste, und als der anstößigste Punkt darin erschien ihm der über Tirol. 1) Hat aber Franz das Übereinkommen besonders deshalb getadelt, weil es ihn gegenüber den Tirolern bloßstelle, 2) so hätte er sich erinnern sollen, dass es mit seinem Friedensangebot kaum besser bestellt war. Der Waffenstillstand war in Znaim aufgerichtet worden, das kaiserliche Hoflager war in Komorn. Diese räumliche Entfernung bewirkte, dass der Kaiser erst am fünften Tage vom Bestand des Vertrages

1) Aus der Korrespondenz des Kaisers mit Karl über den Waffenstillstand (A. F.) interessieren folgende Stellen. E. Karl an d. Kaiser, 13. Juli: „Beträgt die Zahl der Truppen, die wir in Tirol und Vorarlberg haben, kaum 2000 Mann, welche, da sie schon seit längerer Zeit ohne Möglichkeit einer Unterstützung an den notwendigsten Kriegsbedürfnissen Mangel leiden und von der Monarchie ganz abgeschnitten sind, früher oder später würden verloren gewesen sein; indessen, da wir keine Kommunikation mit Tirol haben und das Landvolk diese wenigen Truppen nicht wird abziehen lassen, Tirol aber überhaupt im Frieden einbegriffen sein muss, so scheint diese Räumung, ohne sich einem wesentlichen Vorwurf auszusetzen, in die Länge gezogen werden zu können." Kaiser an E. Karl, 15. Juli: „Der Chef des Generalstabs der französischen Armee hat dem General Bianchi die Abschrift eines Waffenstillstandes mitgeteilt, welcher in Znaim geschlossen worden sein soll und Bedingungen enthält, die nur eine Armee eingehen kann, welcher zwischen gewissem Untergang oder Kapitulation keine Wahl bleibt, Bedingungen, die zu erfüllen nicht in unserer Macht steht. Ich habe vorläufig allen Kommandierenden untersagt, einen Waffenstillstand, der nicht von mir eigenhändig unterzeichnet ist, anzunehmen, weil ich vermuten muss, dass dieser Waffenstillstand, den die feindlichen Generäle übrigens auf sehr verschiedene Art kund machen, eine schon oft wiederholte Kriegslist ist. E. L. wissen, dass, so bestimmt ich mich dafür erklärt habe, einen annehmbaren Frieden womöglich in 48 Stunden zu machen, ich niemals habe denken können, einen Waffenstillstand einzugehen, der mich mehr als ein Frieden kostet." Ders. an dens. 19. Juli: „Ich finde, was ich besorgte, nämlich durch mehrere Parlamentäre bereits angekündigten Waffenstillstand durch E. L. Bericht vom 13. vollkommen bestätigt. Ich gestehe zwar gern ein, dass bei dem Umstand, wo die Armee nach so manchen Mühseligkeiten so sehr herabgekommen ist, ein Waffenstillstand ein hohes Bedürfnis war. Allein ich finde nicht, dass wir uns über dessen Bedingungen erfreuen können. — — — Das schmerzlichste dabei ist die Kompromittierung meiner Ehre, da ich die wackeren Tiroler und Vorarlberger, die alles aufgeopfert haben, fast im nämlichen Augenblick ihrem Schicksal hingebe, als ich ihnen kaum die Zusicherungen meiner kräftigsten Unterstützung gab. — — — Da ich indessen das Geschehene ohne anderweitigen großen Nachteil zu ändern nicht angemessen finde, so muss man sich nur einzig damit beschäftigen, um uns in die bestmöglichste Verfassung wieder zu versetzen und wie der geschehene Schritt gegen die nunmehr verlassenen Tiroler wenigstens einigermaßen gerechtfertigt werden könnte." Auch die Auslieferung des französischen Generals Durosnel tadelt der Kaiser, „wenn nicht vorher die Angelegenheiten wegen Chasteler (d. h. die Ächtung) ins reine gebracht sind".
2) Graf Eugen Cernin schreibt in seinen Erinnerungen an 1809: „Die erste Nachricht vom Waffenstillstande nahmen wir (in Wien) mit großer Freude auf. Aber die Kenntnis der Bedingungen verminderte die freudigen Empfindungen. Besonders dünkte uns die Preisgabe der heldenmütigen Tiroler, die man gegen ihre anerkannte Regierung aufgestachelt hatte und die sich voll Begeisterung geopfert hatten, schmachvoll und erniedrigend für Österreichs Ehre." Mitgeteilt v. Helfert in „Die Heimat" II (1877) p. 654.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 535

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.