520 – Baumgärtner


nachsichtige Behandlung in Aussicht stellen und die Gemeinden zur Abordnung von Gesandten bewegen, das, meinte der Minister, wäre am Platze gewesen. „Aber auf keinen Fall hatte Utzschneider das Recht, im Wege der Publizität mit den Aufständischen Verhandlungen zu pflegen und ihnen eine allgemeine Amnestie ohne Ausnahme, selbst mit Einschluss der Anstifter, deren strenge Bestrafung unbedingt notwendig ist, zu versprechen. Ebenso war die Regierung, welcher die durch die Wiedereinführung der Josefinischen Andachtsordnung in Tirol erregte Unzufriedenheit bekannt geworden war, allgemein geneigt, in den Vorschriften über äußeren Kultus Modifikationen eintreten zu lassen, auch das Zusammenleben der Mönche in den noch nicht aufgehobenen Klöstern zu erlauben. Aber wie konnte dem Utzschneider jemals einfallen, Belassung der bestehenden Klöster zuzusichern, was Aufnahme von Novizen, also eine mit dem System der Regierung durchaus unverträgliche Fortdauer der Mönchsorden voraussetzt!" Der Ärger des Ministers wäre wohl noch gestiegen, wenn er erfahren hätte, dass Utzschneider dem Intendanten eigenmächtig Aussichten auf bayrischen Staatsdienst eröffnet 'hat. Als er die darauf anspielende Stelle in Hormayrs öffentlicher Absage las, bezeichnete er es als „grobe Lüge", da die bayrische Regierung doch nicht einen werde zum Beamten bestellen wollen, „den infolge seiner Haltung die bayrische Akademie der Wissenschaften aus ihrer Liste gestrichen hat". Nach solchen Ergüssen, welche der Minister schriftlich wie mündlich anbrachte, erging sein Auftrag an den Salinendirektor, er möge nach München zurückkommen, um sich seinen Amtsgeschäften zu widmen, und ja keinen Aufruf mehr ohne ausdrückliche Gutheißung der Regierung herausgeben. 1)

Auch bischöfliche Hilfe wollte Utzschneider für sein Unternehmen aufbieten. Bei Chiemsee tat er keine Fehlbitte. 2) Selbst die noch immer exilierten Kirchenfürsten von Chur und Trient soll er haben anrufen wollen. 3)

Um seiner Aktion größeren Erfolg zu sichern, gedachte der Direktor, das Land gleichsam von zwei Seiten zu fassen; er von der östlichen, ein anderer sollte es von der Westseite her versuchen. Dazu wurde der bayrische Hofkommissär v. Baumgärtner gewonnen. Nahe der Tirolergrenze, in Schuls, schlug derselbe sein Quartier auf. 4) Und der schien bessere

1) Bericht eines Ministerialbeamten an Utzschneider 1. Juli, des Ministers eigene schriftl. Bemerkungen v. 24. Juli. M. St.
2) Ein Freund (Unterschrift nicht zu lesen) an Utzschneider, 25. Juni. Ebend.
3) So wenigstens behauptet Hormayr in seinem offenen Ausschreiben gegen Utzschneider.
4) Dass Utzschneider auch der Autor dieser Mission war, schließe ich aus dessen Schreiben an den Salzhandlungskommissär v. Sulzer in Winterthur (19. Juni;, worin er ihn auffordert, dahin zu wirken, dass die Schweizer seine Unternehmung zur Beruhigung Tirols unterstützen und hiezu erlauben, dass Baumgärtner sich im Bündnerlande aufhalte, um von dort aus mit Vintschgau und Inntal anzuknüpfen. M. St. Vgl. G. Steiner, p. 211.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 520

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.