431 - Beschluss zur Abwiegelung


Geistliche, nur Bauern, zum Paktieren mit Wrede einige Vorsteher und Schützenoffiziere bestellt werden. Dass die vier Herren ausschlugen, richtete in der Deputation neue Verwirrung an. Ihr Vorsitzender, Graf Tannenberg, wusste sich nicht mehr zu helfen, er ließ — es war schon 9 Uhr abends — Dipauli flehentlich ersuchen, in den Beratungssaal zu kommen und die Lösung des immer von neuem sich verschlingenden Knotens in die Hand zu nehmen. Was einst Hormayr nicht zustande gebracht, jetzt wurde es erreicht: Dipauli erschien in der Deputation. Tannenberg empfing ihn mit den Worten: „Ein armer blinder Mann bittet Sie um Hilfe." Der Gerufene fand die bäuerlichen Teilnehmer an der Deputation, und auf diese kam es jetzt an, wieder sehr unschlüssig. Einige wollten gehört haben, die Österreicher seien abermals über Ellbögen nach Hall gerückt; andere sagten, man müsse auf Teimer warten; ein dritter Teil, der aber der kleinste war, pflichtete dem, was Dipauli als seine Meinung hatte mitteilen lassen, bei. Mit vielem Zureden brachte es Dipauli dahin, dass die Anwesenden zum Beschluss einer Beschickung des Landsturms zurückkehrten. Dabei konnte sich niemand verhehlen, dass eine wirksame Beeinflussung der Volksmenge bis zur sechsten Morgenstunde unmöglich sei. Daher hatten die Boten zu Wrede um eine 24stündige Verlängerung anzuhalten. Noch einen Rat erteilte ihnen Dipauli: sie sollten Religion, Verfassung und Steuern ganz aus dem Spiele lassen, lieber demütig um Verzeihung bitten und dadurch die von ihnen selbst gewünschte Schonung zu erlangen suchen. Auch darauf ging endlich die Deputation ein, Dipauli musste ein passendes Schriftstück entwerfen, das gleich in mehreren Exemplaren nach Volders und Vomp gehen sollte. Da mangelte es an Schreibern. Tannenbergs Sohn Ignaz, 1) Dipaulis Sohn Josef und der im Hause Dipauli bedienstete Hofmeister Knoflach wurden herbeigeholt und machten Kopisten. Während dieselben geschäftig die Feder führten, drohte wieder ein lästiger Anstoß. Sei es unter dem Druck der Ermüdung, sei es, weil ihnen die augenblickliche Wendung missfiel, hatten sich die wenigen Mitglieder des Herrenstandes, wie Reinhart und Stadler, in der Stille davongemacht, 2) so dass Tannenberg und Dipauli allein unter den Bauern standen. 3) Auch von diesen begannen einzelne hinwegzuschleichen, wurden aber von den Genossen zurückgehalten. Indessen waren die Abschriften fertig gemacht und sollten, es war keine Minute zu säumen, hinterbracht werden. Allein noch waren keine Abgeordneten

1) Graf Ignaz starb schon nach einigen Monaten
2) In seinen „Nachrichten eines alten Patrioten" (J. M.) lobt Stadler den Entschluss der Absendung zur Beruhigung der "hitzigen" Landesverteidiger.
3) Als Vertreter der Städte scheint nur Altbürgermeister Jos. Riss von Innsbruck zugegen gewesen zu sein. Er unterzeichnet neben Tannenberg die Abwiegelungsordre an die Hauptleute. Materialien z. Gesch. d. öst. Rev., p. 66.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 431

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.