417 - Eindruck des Brandes


von Ärarialgut, also königlich bayrischem Gute, war um wenigstens 100 000 G. zerstört worden. 1) Die Wenigsten hatten mehr als das nackte Leben gerettet. Vielen gewährten die Bauern auf den hochgelegenen Berghöfen um Gotteslohn Unterstand und Verpflegung, zahlreiche andere nahmen die Gastlichkeit der Franziskaner in Anspruch, deren Kloster gleich der Pfarrkirche wie eine Insel aus dem Ruinenmeere herausragte. 2) Und fast hatte es den Anschein, als sollte die Decke des Todes und der Vernichtung dauernd über der unglücklichen Stätte gebreitet bleiben. So oft sich die zu Tode erschreckten Bewohner im Verlaufe des Kriegsjahres daran machen wollten, um Hand anzulegen an den Wiederaufbau, so erfolgte feindlicher Durchzug, wobei das kaum Begonnene von neuem der Zerstörung anheimfiel. Nach Monaten noch versichert ein amtlicher Bericht, niemand in Schwaz besitze ein Bett, und nicht 200 einen Strohsack. Als sich der Unglückstag des Marktes zum zweiten Male jährte, klagten die Ortsverordneten dem König, Kummer und Elend wolle sich noch nicht mildern, das Unglück vom Jahre neun sitze so tief, dass sich der traurige Zustand noch immer steigere, „die schrecklichen Ruinenstellen erneuern das Andenken an jene greulichen Jammerszenen". 3)

Die Flammen von Schwaz röteten weithin den Nachthimmel. Selbst auf solche, welche dem furchtbaren Schauspiel weit entrückt und mit den Unglücklichen nicht landsmannschaftlich verbunden waren, machte der Brand tiefen Eindruck. Vorgestern, so machte Bettina v. Arnim ihren Gefühlen vor Goethe Luft, glühte der Himmel über jenen Alpen nicht vom Feuer der untergehenden Sonne, sondern vom Mordbrande. „Da kamen sie um die Mütter und Kinder, die wehrlosen in den Flammen. Hier (in München) lag alles im schweigenden Frieden, der Tau tränkte die Kräuter und dort verkohlte die Flamme den mit Heldenblut getränkten Boden. Ich stand die halbe Nacht auf dem Turm im Englischen Garten und betrachtete den roten Schein. Das Schloss der blinden Tannenberge haben sie verräterisch verbrannt, Heiligtümer zerstört, Greise und Kinder getötet, und die Bayern haben sich dessen jubelnd gerühmt." 4) Wie erst in Tirol

1) Es waren Amtsgebäude und Vorräte. Bericht der Zentraldirektion der Bergwerke in München, 27. Mai 1809. M. K. Hompesch schreibt an Montgelas 4. Aug., bei der vollständigen Zerstörung von Schwaz sei es unmöglich, Beamte dort unterzubringen. Deshalb dachte man später an die Verlegung der Ämter nach Hall.
2) Pfarrer Martin Wintersteller v. Schwaz an den Pfarrer Ledermayr in Serfaus. 20. Juni. J. M. Wertvolle Aufzeichnungen wurden im Kloster gemacht, bereits von Rapp benutzt.
3) Apotheker Joh. Felix Würstl und Jos. Isser an d. König, 16. Mai 1811. M. K.
4) Bettina datiert an Goethe, München, 18. Mai. Ihre Worte machen doch den Eindruck des Erlebten. — Polizeidirektor Stetten an Montgelas, München, 17. Mai (M. St.): „Seit drei Nächten schon werden in der Richtung gegen Tirol furchtbare Brünste gesehen, vorgestern aus der Gegend von Kufstein, gestern aus der Gegend vom Wendelstein, aber etwas entfernter, und heute noch entfernter; aber dieses letztere Feuer ist das stärkste, konnte aber wegen weiter Entfernung in seiner Lage nicht genau bestimmt werden."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 417

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.