409 – Lefebre bis Rattenberg


Gehirns zu nehmen, sondern es ins Werk zu setzen zur ewigen Unsterblichkeit des Namens Eurer Hoheit." 1) Wohl brach sich unter der Bürgerschaft, selbst im Kreise der Schutzdeputation, der Gedanke Bahn, es werde der Widerstand vergeblich und daher das beste sein, den herannahenden Feind durch unterwürfige Versicherung zu besänftigen. Aber solche Ratschläge zu äußern durfte angesichts der erbitterten Menge niemand wagen. Der Lärm in der Stadt und die Wut der Landstürmer wuchs noch, als sich zu beginnender Nacht der Himmel gegen Osten rötete als Zeichen, dass der Feind wieder Orte in Brand gesteckt habe. Die von allen Seiten überlaufene Deputation amtierte den Leuten zu langsam, die Bauern bestellten daher aus sich ein Verteidigungskomitee, das beim Wirt zum weißen Kreuz seinen Sitz aufschlug. Man wollte nicht mehr länger warten, um sich Anweisungen zu Waffen bei den Depots zu erbitten, sondern einfach zugreifen. Die Leute überfielen das Zeughaus, den Ständepalast und Privathäuser, wo sie Vorräte vermuteten, und versahen sich daraus, wie sie konnten. Auch Kassenplünderungen kamen vor. Übermütige Bursche durchzogen die ganze Nacht die Stadt und feuerten ihre Büchsen ab. Das Geheul der Sturmglocken wollte nicht verstummen. Dies nächtliche Treiben gemahnte an die bewegtesten Stunden der stürmischen Apriltage. Man wusste nicht, wohin sich die Wut der führerlosen Scharen kehren werde. In solcher Angst verbrannte der Intendant in der Burg einen Teil seiner geheimen Papiere. 2)

Lefebre erreichte am 13. Mai noch Rattenberg. 3) Kundl passierend gab er dem Pfarrer Pungg, der sich mit Zeugnissen über seine gut bayrische Gesinnung ausweisen konnte, das Versprechen, den Ort zu schonen. Gleichwohl kamen auch hier beklagenswerte Exzesse vor. 4) Dagegen erwirkte die Fürbitte des Rattenberger Bürgermeisters eine glimpfliche Behandlung des Städtchens. Am 14. um 9 Uhr früh wurde der Marsch fortgesetzt, voran Wrede, dann der Marschall mit seinem Stabe,

1) Hormayr an E. Johann, 15. Mai. J. M. Die Schweiz bildete eine ständige Rubrik in Hormayrs ausschweifenden Plänen. Zunächst war sie wichtig zur Beschaffung von Kriegsvorrat. Schützenmajor v. Plawen in Vintschgau bezog Lieferungen von dort über den Albula. (Ber. an d. Deput, 8. Mai. L. A.) Teimer besuchte im April das Münstertal und vernahm da von Sympathien in der Schweiz für Österreich. Spezielle Hoffnungen setzte Hormayr auf Veltlin, wo anfangs Mai eine Bewegung gegen die Franzosen ausbrach unter Leitung Paravicinis und Juvaltas. Der Rückzug Chastelers von Trient machte aber eine geplante Verbindung über den Tonale unmöglich. Ein Streifzug eines unter Leiningen stehenden Offiziers, des Grafen Gritti, bis Edolo war ergebnislos. Konrad Juvalta ging anfangs Mai selbst nach Tirol und warb um Unterstützung bei Giovanelli in Bozen und bei Val. Tschöll in Meran. Dabei stellte er einen Aufstand der Mailänder in Aussicht. (Tschöll an Hormayr, 13. Mai, J. M.)
2) Darunter waren Graffsche Interzepte.
3) Berichte Lefebres über die Ereignisse im Unterinntal bei Saski III. 299 ff.
4) Aufzeichnung Punggs, J. M.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 409

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.