313 - Die Bauern in der Hofburg


Johann Dollinger ihnen seine eigene Wohnung abtrat, Erfrischung reichte und sie wacker gegen weitere Behelligung in Schutz nahm. 1) Den verwundeten Offizieren und Mannschaften stand namentlich Danei hilfreich bei, manche gedachten dessen dankbar noch in späteren Tagen. 2) Dem zu Tode verwundeten Sbansky weihte Benitius Mayr den letzten priesterlichen Beistand. Jenem Leutnant Ott, dem die Bauern für die Exekution in Axams eine böse Dankvisite abstatten wollten, verschaffte ein Fräulein Anna von Aschauer Zivilkleider und half ihm damit zur Flucht. Noch manch anderer Offizier verdankte dieser Dame, die aus ihrer Freundschaft für die Bayern kein Hehl machte, die Bergung seiner Habe. 3)

Mit dem 12. April war auch für die bayrische Beamtenschaft in Innsbruck ein schlimmer Tag angebrochen. Kaum im Besitze der Stadt, dachten die Bauern auch den Herren einen unwillkommenen Besuch zu machen. Schon um 10 Uhr betraten sie die Hofburg. Hier galt es ihnen zunächst, zu zeigen, dass sie jetzt die Gebietenden seien. Der Generalkommissär, sagten sie, wäre ein guter Herr, der sonst nichts Schlechtes getan, als dass er seine Unterschrift hergegeben. 4) Dass der Herr Graf die ungebetenen Gäste kostfrei halte, das war ihnen freilich eine selbstverständliche Sache. An diesem und den nächstfolgenden Tagen leerten sie aus dem Burgkeller 10 Yhren Wein und 5 Eimer Bier. Die Hofküche konnte nicht alle befriedigen, Lodron musste auch aus Gasthöfen holen lassen. Persönlich erfuhr der Graf und seine Familie kein Leides. Allerdings mussten sie zu manch derber Kollegialität gute Miene machen. So hatten einige Bursche den Einfall, die Frauen des gräflichen Hauses zum Tanze aufzufordern. „Håbts in der Fåsten mit die Hearn tånzt, so tånzts iaz um Ostern mit Bauern hålt a", so klang die Invitation, und eine der Damen musste sich zum Klavier setzen. Als die Tänzerinnen am Schluss die Bauern mit einigen Talern verabschieden wollten, wiesen diese es stolz zurück, indem sie erklärten, es sei nicht Landesbrauch bei

1) Zeugnisse für Dollingers Bemühungen um anständige Behandlung der Gefangenen, ausgestellt vom Pfarrer Lorenz Falschlunger in Hötting, Kooperator Georg Hausmann in Innsbruck, dem Wirte Niederkircher und Professor Dr. Joh. v. Luzenberg in J. St.
2) Zeugnis des Hauptmanns Gräff über die ihm und dem Oberleutnant Diell geleistete Hilfe. Lindau, 27. Mai 1810. M. St.
3) Die Aschauer heiratete 1817 in München den Hauptmann Hohenberger. Der König schenkte ihr zum Lohne für ihre Haltung im Jahre 1809 die Kaution. In dem Begleitakte heißt es: „Bei diesen patriotischen Handlungen mag ja auch ein persönliches Attachement an jene, deren Eigentum sie rettete, mit in Rechnung gekommen sein."  M. St.
4) Mieg erzählt in seinem Bericht: Manche Bauern fragten nach dem Arco, fanden aber natürlich nur Lodron. Dieser erfuhr keinerlei Beleidigung. Als er sie um die Ursache der Empörung fragte, wussten manche nichts anzugeben; andere wieder sagten, sie hätten die Waffen nicht ergriffen, wenn ihnen Kaiser Franz nicht einen so schönen Brief geschrieben hätte.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 313

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.