269 - Bayerns Argwohn


verschnappte sich ein Bauer, da er meinte: „Dem Herrn Landrichter tun wir nichts, der ist ein gar braver Herr.“ 1) Einer sagte es dem andern in Innsbruck, dass, wenn die Österreicher kommen, die Bauern mit ihnen gemeine Sache machen werden. 2) Ein Brief vom März aus der Landeshauptstadt äußert sich: „Das ist vielleicht mein letzter Brief, für Innsbruck drohen schreckliche Stürme; ich fürchte die Bauern, wenn sie einmal auf sind.“ Dem Franziskaner Dismas Tuzer raunte ein Unterinntaler Wirt auf der Fahrt das Geheimnis zu, wie er es von Hofer erfahren. 3) Auch Schultes weiß von den Umtrieben und welche Bewegung durch die Bauernschaft geht. 4) Man sah ganz richtig, dass die Auftritte bei der Konskription einen tieferen Hintergrund hatten.

Gewiss ist es von Interesse zu beobachten, was die Bayern selbst wussten und wie sie sich verhielten. Bayern und Österreich schieden aus dem Kriege 1805 voll des Misstrauens gegen einander. Dasselbe spiegelt sich schon in der Instruktion, mit welcher der neue bayrische Gesandte Rechberg nach Wien ging. 5) Stadions friedliche Versicherungen fanden bei demselben keinen Glauben, bald schon sah er die kaiserliche Armee schöner und vollständiger als jemals, die Kavallerie superb, alles vorbereitet, um zu einem neuen Schlage auszuholen. 6) Tirol betrachtete man daher noch keineswegs als gesicherten Besitz. Das Geringfügigste genügte, um Argwohn zu erwecken. Die landschaftlichen und die ehemals kaiserlichen Beamten waren peinlichster Beobachtung unterworfen. 7) Arco verlangte von den Richtern, die Reden in den Gasthäusern zu überwachen und darüber zu berichten. 8) Die Schriftenzensur, in mancher Beziehung liberal gehandhabt, musste streng ihres Amtes walten, wo es galt, Äußerungen zu unterdrücken, die vielleicht Bayern und seinem französischen Alliierten abträglich sein konnten. Als ein Innsbrucker Blatt 9) einen Bericht aus der Ofener Zeitung über den Krieg gegen Preußen brachte, worin erzählt wurde, dass in den Kämpfen bei Pultusk mehrere französische Generale getötet und verwundet worden seien, fand das Innsbrucker Militärkommando solche Mitteilung gefährlich als „Anlass zu nachteiligen Raisonnements und üblen Auslegungen“, und Arco beeilte

1) Lergetporers Tagebuch, Anfang April.
2) Stettners Tagebuch.
3) Fl. Orgler, Dismas Tuzer, p. 11.
4) vgl. ob. p. 209 Anm. 3.
5) Rechbergs Instruktion vom 25. Dezember 1806. M. St.
6) Rechberg an Montgelas, 21. Febr. und 4. März 1807 ebend.
7) Der landschaftliche Buchhaltungsingrossist Jakob Wildgruber erbat sich einen Pass, um seine Verwandten in Ried im Zillertal zu besuchen. Auf Befehl Arcos musste ihm der Kreishauptmann von Schwaz eine vertraute Person nachsenden, um auszuforschen, ob der Mann nicht Spionage treibe. (Mai 1807). J. St.
8) Arcos Weisung vom 28. März 1807, ebend.
9) Innsbrucker Zeitung vom 5. Februar 1807.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 269

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.