263 - Hormayrs Praktiken


der Landesrechte, Verfolgung der Kirche und ihrer Diener, alle diese Register wurden an passend erscheinender Stelle eingelegt. 1) Mit zu den Praktiken, zu deren Verwendung Hormayrs Wesen überhaupt neigte, gehörte es, dass er einige von den auf feinem Papier abgezogenen Exemplaren seines größeren Aufrufs absichtlich auf der Post versandte, nicht an Vertraute, sondern an „Zweideutige, damit, wenn einzelne dieser Briefe eröffnet werden, was fast sicher geschehen wird, eben die schlechten Kerls, an welche ich sie adressiere, in Verlegenheit geraten“. Zu seinen Boten gedachte der Freiherr auch Mönche zu benützen. Es schien ihm eine „wichtige Idee“, die Aufrufe durch die Kapuziner in „Lienz 2) und Bruneck“ verbreiten zu lassen. Den Franziskanern wollte er weniger zumuten, diese hätten mehr Furcht und weniger Anhänglichkeit, weil sie von den Bayern nicht so sehr misshandelt worden seien. „Welchen Eindruck“, so legte er dem Prinzen nahe, „würde es bei den wohlehrwürdigen Vätern machen, wenn etwa ein Vertrauter (es war Cobelli aus Roveredo) nur einstweilen hundert Taler dem Pater Guardian bringen würde, um dafür zehn Messen für das Glück unserer Waffen lesen zu lassen.“ 3) Für Anfertigung und Verbreitung der Hormayrschen Produkte hat der Erzherzog mit dem Gelde nicht gespart. 4) Schließlich hat Hormayr noch für den

1) In Bayern war man über diese Aufrufe auch besonders erbost. In den „Materialen z. Gesch. d. österr. Revolutionierungssystems", p. 7, heißt es: „Diese Aufrufe zeichnen sich besonders aus durch ein auffallendes Aushängen von Gefühlen der Frömmigkeit und durch den Hass gegen Bayern. Wenn man die (?) bekannten Verfasser dieser Schriften in ihrem Leben zu beobachten Gelegenheit hatte und ihre bis zur ekelhaften Affektation getriebene Profession zum religiösen Indifferentismus und zur zügellosesten Libertinage sah, so gewinnen jene salbungsvollen Tiraden, jene feierlichen Versicherungen von Achtung für den Glauben der Väter, jene Bannflüche gegen die Neuerer und Aufklärer, das verächtliche Ansehen einer niedrigen Heuchelei, der kein Gefühl zu heilig ist, um es nicht zur Erreichung eigennütziger Absichten zu missbrauchen. Da mussten die stärksten Mittel gebraucht werden, um das Volk aufzuregen. Der Groll, den der Herausgeber des österr. Plutarch nur mühsam verbiss, brach jetzt offen hervor."
2) Ein Kapuzinerkloster in Lienz gab es nicht.
3) Schon am 16. März 1809 (M. St.) meldet der französische Gesandte Otto am bayrischen Hofe nach Innsbruck, er höre von Mailand, dass ein gewisser Petronio den Auftrag habe, Aufrufe von Österreich nach Tirol zu bringen.
4) In den Auslagen verzeichnet Johann: Für Vendeerkrieg (1. und 2.Teil), Sammlung der spanischen Aktenstücke, Aufrufe an die Tiroler an Buchdruckerarbeiten etc. 7858 G.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 263

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.