251 - Johanns Verhandlungen mit dem Kaiser


Fügen hatte er vertrauliche Zwiesprache mit dem Postmeister Neumayr von Söll, welcher die Leitung in den Gerichten Schwaz und Rattenberg übernahm. Die Eindrücke fasst Trauner in die Worte: „Die Stimmung in ganz Unterinntal ist vortrefflich, alles weiht sein Eigentum und Leben“ 1).

Tirol wurde bei den österreichischen Kriegsvorbereitungen immer mehr in Rechnung gezogen. Johann hatte ein Protokoll über die mit den Tirolern in Wien gepflogenen Verhandlungen, versehen mit seinen eigenen Bemerkungen, dem Minister Stadion übergeben. Der Minister fand die erzherzoglichen Notaten völlig erschöpfend, sie schienen ihm alles zu enthalten, was für einen Vormarsch nach Tirol vorzubereiten wäre. Nur eines fürchtete er — und in den Äußerungen der Bauern glaubte er dieselbe Besorgnis zu finden — dass Napoleon, dem die militärische Wichtigkeit Tirols nicht unbekannt, auf dieser Seite den Österreichern durch Verstärkung der Garnison zuvorkommen und so die Okkupation des Landes um vieles erschweren dürfte 2). Auch der Kaiser war in voller Kenntnis dessen, was zwischen seinem Bruder und den Deputationen erörtert worden war. Man harrte seiner Entschließung darauf. Als Franz damit zögerte, benützte Johann die Gelegenheit, da er Hofers und seiner Genossen glückliche Heimkehr anzeigen konnte, um den Kaiser zum Sprechen zu bringen. Die Tiroler, so meldet er ihm, werden nun eifrig daran sein, die ihnen gegebenen Winke zu erfüllen. „Sie haben abermals die Bitte um möglichste Beschleunigung der Befreiung des Landes, das jetzt noch so leicht erobert werden könnte, und ihre andern Bitten erneuert; ich bitte um Erledigung“. In der sichern Erwartung, dass sich die Kaiserlichen im Lande festsetzen können, knüpfte Johann an die Bitte weitere Ratschläge: „Einheit im Plan und in der Ausführung ist nötig, besonders für Tirol, welches Land schon durch Klima, Sprache und Sitten in zwei ganz verschiedene Hälften geteilt ist und wo die lokalen Interessen ebenso wenig wie die Gesinnungen unter den verschiedenen Klassen der Bewohner die gleichen sind. Sehr schädliche Folgen hatte es, dass in früheren Kriegsjahren zwei Schutzdeputationen in Bozen und Innsbruck aufgestellt waren, die nicht einhellig wirkten. Die Bozener Deputation bestand aus tätigeren und kenntnisreicheren Mitgliedern, die von Innsbruck war dafür in der Nähe des Landeschefs und meist auch des Kommandierenden, immer im Besitz besserer Nachrichten,

1) Aichold an E. Johann, 10. März 1809. J. M. In einer Rechnung des Erzherzogs über die Bezahlungen „aus meinem geheimen Fond“ erscheinen folgende Posten: „Für ununterbrochene Unterhaltung der Korrespondenz mit Tirol 1400 Dukaten und 7709 G., für Sustentationsgelder an mehrere besonders vertraute und gebrauchte Leute 50 Dukaten und 8900 G.“ A. J.
2) Stadion an E. Johann, ohne Datum, aber sicher im Februar geschrieben. A. J. Nach Hormayrs Bericht an Graf Zichy meinte man, Napoleon werde das ganze Korps Oudinot nach Tirol werfen.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 251

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.