231 - Johann an der Landesgrenze


zum Erzherzog geeilt waren. Dort hätten sie den Dank niedergelegt für die Verwendung des Kaisers beim Friedensschluss um die Erhaltung der Landesrechte, und Johann soll ihnen gütig erwidert haben, sie sollten sich nur nach Graz, wo er Hof halte, wenden und ihm alles melden, besonders was in Religionssachen vorkomme. 1) Wie es die leutselige Art Johanns war, begnügte er sich nicht mit der Inspektion der Landwehr, sondern suchte möglichst freien Umgang mit der Bevölkerung. In Zell am See mussten die flottesten Bursche die Nationaltänze ihm vorführen, in Taxenbach erheiterte er sich an „den feinen Sprüchen und gymnastischen Spielen". 2) Galt es doch auch, recht trübe Gedanken zu verscheuchen, welche auf diesen Wanderungen den erlauchten Reisenden befielen, Gedanken, wo auch dass unvergessliche Tirol seinen Platz hatte. 3)

1) Angaben eines bayrischen Mautbeamten in Pillersee über die Reise des Erzherzogs im Okt. 1808. 30 Januar 1809. M. St.
2) Bericht über Johanns Reise 1808. M. K.
3) Johanns Bemerkungen über eine solche Reise sind so bezeichnend, dass sie hier ihren Platz finden mögen. Er weilt eben in Radstadt, nachdem er die österreichischen Gebirgslande durchgangen und die genauesten Aufzeichnungen über jeden Punkt nach seiner Wichtigkeit angelegt hat: „Österreich muss diese Länder behaupten. Es ist der letzte Gebirgsstock, den Österreich besitzt. Dieses verloren, alles verloren. In diesen Ländern ist ein gutes Volk, es sind Deutsche. Es ist höchste Zeit, dass Anstalten gemacht werden. Seit August habe ich Vorschläge eingereicht, nichts wurde getan. Ich will es nochmals versuchen. 1799 sprach ich für die Schweiz, erhielt Grobheiten zur Antwort, man verlor dieses Land. 1801 und 1805 sprach ich für Tirol, erhielt Grobheiten oder konnte nichts durchsetzen, verfeindete mich, man verlor dieses Land. 1807 spreche ich für Innerösterreich, man macht schiefe Gesichter, will man wieder verlieren? Geht es übel durch die Schuld jener, die mir nicht glaubten, so falle ich. Überleben kann ich den Untergang meines Hauses und das Elend so guter Völker nicht. Will die Vorsehung diese Wohltat mir nicht gönnen, dann folge ich meinem alten Plan, denn dem Vaterland kehre ich nicht den Rücken. Lieber als Knecht irgendwo den Pflug unbekannt führen, als fremdes Brot im Ausland fressen. Es wird wieder Krieg kommen und alles verloren gehen. Es heißt schon, ich sei Jeremias; recht gut; besser Jeremias als Herr Gleichgültig. Blut möchte ich weinen, wenn ich mir die Reihe meiner biederen Voreltern von Rudolf v. Habsburg bis Leopold II. vor Augen stelle, wie mühsam und planmäßig sie gearbeitet, Österreich groß und die Völker glücklich zu machen, wenn ich meinen guten jetzigen Herrn betrachte, der alles Gute will und so schlecht unterstützt wird von seinen Leuten. Dies nimmt man mir übel. Er wird doch nicht der Retter sein wollen, heißt es. Nein, so eitel bin ich nicht, aber an die Rettung und die Mittel dazu zu denken, ist Pflicht. Das ist mein Fall. Aber nichts erschüttert mich. Für Gott, Fürst, Vaterland und Ehre, war die Losung der Habsburger, sie ist die meinige. Bricht der Teufel zusammen, so werde ich auf den Trümmern so lang herumtreiben, bis ich entweder darüber zu Grunde gehe oder ein neues Gebäude hervorgehen wird. Zwei Feinde habe ich: die äußeren, gegen diese kann man mit den Waffen in der Hand streiten; die inneren, diese sind schrecklich zahlreich, es gehören dazu die trägen, nach Ehre geizenden, gleichgültigen und schwachen Menschen. Da ist übel zu kämpfen, denn sie haben besondere Waffen und handeln versteckt. Geradheit und Offenheit ist das einzige, was mir übrig bleibt gegen sie. Doch ich kenne mein Terrain und ich sehe mich, bevor zwei Jahre vergehen, entweder unter der Erde oder — um wieder, will es Gott, das auszuführen, worin für alles, was ich gelitten habe, reichlicher Lohn liegt und dem Staat, meinem guten Herrn, meinem Wohltäter und Bruder, den braven Bewohnern Tirols, Steiermarks, Kärntens, Krains, Salzburgs und Österreichs das geleistet zu haben, was stets das Ziel meiner Wünsche, der schöne Traum war, den ich öfter mir gedacht hatte." Dazu fügt der Erzherzog in seinem 74. Jahre: „Die Gesinnung gegen meinen Kaiser und Vaterland, wie ich sie 1807 aussprach, war echt, ich habe sie nie geändert. Was ich damals im Jugendfeuer sprach, ordnete sich durch Erfahrung und Alter, aber änderte nicht den Sinn. Mag man das, was ich damals sagte und noch sage, überspannt finden, es bleibt doch gewiss, dass in jenen Worten die Gefühle eines Herzens enthalten sind, frei von eitler Ruhmsucht und Ehrgeiz, wie es stets durch mein ganzes Leben war."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 231

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.