Die drei Amazonen von Sterzing


Die Geschichte mit dem Heuwagen vom Sterzinger-Moos im Jahre 1809 ist allgemein bekannt. Unbekannt sind aber die Namen der drei Amazonen gewesen.

Am 9.April 1809 kündigte Österreich den Bavaro-Franzosen den Frieden. Österreichisches Militär unter FMLt. Chasteler rückte vor und die Bauern unter Andreas Hofer erhoben sich in allen Gauen. Aber auch die Bayern waren nicht müßig und über Befehl des Oberst-Lt. Dominik Wreden (1766 - 1817) hielt Major Speicher mit zwei Kompagnien des 2.leichten bayerischen Infanterie-Baons "von Donnersberg" die Stadt Sterzing und die Straße nach Gossensaß besetzt. Plötzlich beim ersten Morgengrauen des 11.April 1809 stellten sich die Tiroler Landstürmer. Auch in Sterzing selbst, nament1ich in der Valsergasse, beim Zwölferturm und bei der Heiligkreuz-Kapelle kam es zum Kampf, jedoch hielt sich der bayer. Hauptmann Karl Joseph Payck so lange, bis Speicher seine Mannschaft beim Sterzinger-Moos im Viereck aufgestellt hatte.

Das Sterzinger-Moos, zur Gemeinde Elzenbaum gehörig, ist ein weiter Moosboden, der sich in die Gemeindebezirke von Sterzing, Trens, Stilfes und Elzenbaum ausdehnt. Diese Gegend ist in Tirol auch als  legendenhafter Verbannungsort alter Jungfrauen berüchtigt, während die hagestolzen Männer zum "Wolkenschieben" verurteilt sind.

Diesmal nun waren es wieder Frauen, die das Sterzinger-Moos zum Schauplatz ihrer Tat machten.

Major Speicher hatte also diesen Platz, unfern des Schlosses Sprechenstein, nahe an der Mündung des Ridnauner-Baches in den Eisack, zwischen Pfitscher- und Mareiter-Bach, zum Aufstellungsort seiner Truppen gewählt; er hatte eine Kanone und 212 Gewehre. Gleich nach dem ersten Sturmangriff der Tiroler wurde Speicher selbst und 16 seiner Soldaten verwundet. Andreas Hofer, der von Passeier über den Jaufen gekommen, den Angriff leitete, suchte sich nun der im Felde des Bauern Weller stehenden feindlichen Kanone zu bemächtigen, die ein Heranrücken der Tiroler auf freiem Felde sehr erschwerte. Alle Versuche misslangen. Da griff er zu einer Kriegslist. Er ließ drei in der Nähe des Schauplatzes auf einer Wiese stehenden, dem "Schlüssel-Wirt" Anton Larch gehörende hochbeladene Heuwägen mit Ochsen bespannen und forderte nun die Schützen auf, die Wagen gegen den Feind zu führen. Aber keiner wollte das Wagnis eingehen. Da meldeten sich drei Sterzingerinnen, die den Schützen bislang Wein zugetragen hatten: Elisabeth Gogl ,Anna Zoderer und Maria Hofer; sie bestiegen den Wagen und trieben die Ochsen dem Feinde entgegen. Im Heu versteckt, unter dem Wagen kriechend, hinter dem Wagen schleichend rückten die Schützen hinter dieser Brustwehr an die Kanone heran, wobei die drei Wagen in der Breite der Landstraße nebeneinander fuhren. Beim Geschütz angelangt, riefen die Mädchen den Schützen zu:"Fürcht's euch nit vor den boarischen Dampfnudeln!"

In wenigen Minuten waren die Kanoniere überwältigt, erschlagen, und das Geschütz zum Schweigen gebracht. Der schwer verwundete Major Speicher übergab das Kommando dem Hauptmann von Corseigne, der gegen Mittag, weil selbst verletzt, die Führung der Truppen dem Hauptmann Payck abtrat. Dieser verteidigte sich noch bis gegen 3 Uhr nachmittags, nahm die ihm vom Sandwirt zweimal durch den Landrichter von Sterzing, Dr. Daniel Regulati, und den Ex-Benediktiner von Fiecht, angetragene Kapitulation nicht an. Erst als die Munition zu Ende gegangen war und an die 40 tote Bayern am Platze lagen, entschloss er sich, einem erneuten Unterwerfungsantrag zuzustimmen.

Im Auftrag Hofers, der zusammen mit seinem Schreiber Josef Ennemoser die Kriegslist ersonnen hatte, brachte die 380 gefangenen Bayern auf das nahe Schloss Wolfsthurn, Gemeinde Mareit, des Josef Sebastian Freiherrn von Sternbach. Hofer erhielt für diesen Sieg vom Kaiser, de dato Niederhollabrunn, den 15.Mai 1809, den Adelsstand.

Elisabeth Maria Gogl:

geboren in Tschöfs Nr.64 bei Sterzing, als jüngste Tochter des Johann Gogl und der Maria, geb. Gatter, am 10.Februar 1786; vermählt in Wiesen bei Sterzing am 13.Jänner 1835 mit Johann Gaßner, Witwer, Schneider in Wiesen; gestorben in Wiesen am 2.Mai 1867.

Anna Zoderer: (nicht Zoder oder Zorn)

geboren am 6.Jänner 1770 in Sterzing als Tochter des "Gamper-Schneiders" Josef Zoderer und der Gertraud geb.Brainl;
gestorben als ledige Näherin und Bäuerin, genannt "Gamper-Annele", in Sterzing am 29.April 1840.

Maria Hofer: (nicht Pichler)

geboren am 20.April 1775 in Mauls als Tochter des Josef Hofer, Eisenschmied, und der Maria, geb. Markart vermählt am 14.Februar 1810 mit Josef Porer,Taglöhner in Wiesen, Fraktion Afens; gestorben im Wochenbett am 28.September 1810 in Wiesen.

Die Heuwagen bei Sterzing, Elisabeth Maria Gogl aus Tschöfs, Anna Zoderer aus Sterzing und Maria Hofer aus Mauls

"Die Heuwagen bei Sterzing", welche die Mädchen Elisabeth Maria Gogl aus Tschöfs, Anna Zoderer aus Sterzing und Maria Hofer aus Mauls gegen die feindliche Artillerie zogen, dienten den Tirolern am 11.April 1809 als "bewegliche Schanzen". (Repro: Fritz Kirchmar; www.SAGEN.at)


Quelle: Fritz Kirchmair [Hrsg.], Tirol von 1805 - 1815 aus bayerischer und österr. Sicht, Schwoich 1995, Band 3, S. 294 - 296. Dieser zitiert für den vorliegenden Text als Quelle: Univ.Bibliothek Innsbruck: Nr. 38764 (= Granichstaedten-Czerva, Rudolf: Andreas Hofers alte Garde, Innsbruck 1932)

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.