Die Erinnerungen des Priesters Josef Daney


Antwort

Freund! Ihre letzten Erzählungen haben mich mehrmals bis zum höchsten Unwillen gereizt. Man sieht aus der ganzen Geschichte, dass Hofer ein sehr schwacher Kopf war. Mit Ruhm und Ehre hätte er aus dem Kampfplatze treten können, wenn er Ihnen gefolgt oder ein bisschen mehr Verstand und Selbständigkeit gehabt hätte. In Rom hätte es Ihnen leicht wie dem unbescheidenen Schweizer Kapuziner Paul ergehen können. Sie scheinen wahrhaftig für Gefahren und Rettung unglücklicher Menschen geboren zu sein. Freund! Ich wünschte, Ihren Schutzengel oder vielmehr Ihre Geistesgegenwart zu haben. Sagen Sie mir doch, warum Sie der französische General Vial so grob behandelte? Es muss doch irgend ein Grund dahinter stecken; denn ohne besonderen Grund erscheint er in Ihrer Geschichte als ein wahrhaft französisch wütender Narr. Hofers Schrift ist nicht minder als die darin enthaltene Ursache, warum er Sie zu arretieren befahl, originell und interessant. Der allerniedrigste Volksbetrug liegt in den (Sand am 22. November, und Meran desselben Datums) angeschlossenen Kundmachungen. Aber jetzt möchte ich doch wissen, wie Sie zu allen und so vielen Originalaktenstücken, ohne welche Ihnen, nehmen Sie mir meine Freimütigkeit nicht ungütig, kein Mensch Ihre Erzählungen glauben könnte, gekommen sind? Ihr Arrest muss Sie ganz verstimmt, oder vielleicht gar bekehrt haben, sonst hätten Sie gegen die erwähnte gnädige Frau, vorausgesetzt, dass sie nicht hässlich war, nicht so unartig sein können. — Todesurteil! Ist's möglich? Ich bin äußerst begierig auf die endliche Entwicklung Ihrer Geschichte. Befriedigen Sie meine Neugierde ja so schnell, wie bisher.



Quelle: Der Tiroler Volksaufstand des Jahres 1809, Erinnerungen des Priesters Josef Daney, Bearbeitet von Josef Steiner Innsbruck, Hamburg 1909

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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