Andreas Hofer und die Innsbrucker Akademiker


von Rudolf Granichstaedten-Czerva

Dass Andreas Hofer den Studenten sehr gewogen war, berichtet uns schon Ludwig von Hörmann (geb. 12. Oktober 1837 in Feldkirch, gest. 14. Februar 1924 in Innsbruck), dem ein alter Meraner erzählte, Hofer habe in früheren Zeiten, wenn er mit seinem Rösslein aus Passeier nach Meran geritten kam, immer die Studenten im Gasthaus aufgesucht, habe ihnen Wein gezahlt und mit ihnen gekneipt.

Es ist daher begreiflich, dass Hofer, als er am 8. April 1809 seine Kriegsaufrufe erließ, auch an die Kriegsbegeisterung der Akademiker appellierte. Sein Ruf fand in Innsbruck ein Echo und schon am 28. April 1809 bildete sich eine akademische Studentenkompagnie, die den Professor Andreas von Mersi (geb. Innsbruck, 20. Jänner 1779, gest. Brixlegg, 16. April 1861) zum Hauptmann ausrief.

Damals, das heißt in den Jahren 1809 bis 1810, wirkten an der Innsbrucker Universität die Professoren Johann Bapt. Spechtenhauser (geb. 28. Oktober 1762 in Schnals, gest. in Innsbruck, 13. Juli 1820) für Theologie, der Pathologe Ignaz von Hörmann (geb. 22. September 1750 in Telfs, gest. 23. November 1810 in Innsbruck), der Kirchenrechtler Johann Schuler (gest. 8. Juni 1833, Vater des Dichters Johannes Schuler), der Astronom Franz von Zallinger-Thurn (geb. 14. Februar 1743 in Bozen, gest. 2. Oktober 1828 in Innsbruck), der Naturrechtler Thomas Hammer, der im Jahre 1819 in Windegg (bei Imst) vom Blitz erschlagen wurde, der Mathematiker Josef Stapf (geb. 31. Jänner 1762 in Perjen bei Landeck, gest. 16. Oktober 1809 in Innsbruck), der Philologe Kaspar Unterkircher (geb. 6. Jänner 1775 in Prad, gest. 14. September 1836 in Prad), die Mediziner Johann von Luzenberg und Johann Nep. Keesbacher (geb. 30. Juni 1767 in Innsbruck, gest. um 1820 in Straubing), Franz Dominik Craffonara (geb. 1772 in Wengen im Gadertale, gest. 26. Jänner 1825 als fürstbischöflicher Kanonikus in Brixen), Josef Gallus Isser, Benedikt Andreas Feilmoser (geb. 8. April 1777 in Hopfgarten, gest. 20. Juli 1831 in Tübingen), der Moraltheologe Franz X. Köck (geb. 6. August 1765 in Innsbruck, gest. daselbst 15. März 1814), die Chemiker Matthias Schöpfer und sein Sohn Franz Xaver Schöpfer (geb. 1777 in Innsbruck, gest. daselbst 11. Oktober 1855), der Rechtshistoriker Franz Xaver von Weinhart zu Thierburg und Vollandsegg (geb. 17. November 1746 in Innsbruck, gest. daselbst 8. Februar 1833), Josef Valentin Maurer (gest. 1836), der Theologe Johann Baptist Bertholdi (geb. 24. Juni 1764 in Prezzo, gest. daselbst 24. Dezember 1827), der Naturrechtlei Josef August Schultes (geb. 15. April 1773 in Wien, gest. 21. April 1831 in Landshut), Friedrich Nitsche, der Mediziner Franz Niedermayer, der Kirchenhistoriker Ingenuin Koch (geb. 29. August 1762 in Lermoos, gest. 20. Dezember 1835 in Fügen), der Logiker Ignaz Thanner (geb. 9. Februar 1770 in Neumarkt, Bayern, gest. 28. Mai 1856 in Salzburg), der Anatom Josef Albaneder (gest. 1843), der Historiker Johann Albertini (geb. 19. Juni 1780 in Brez, gest. 1850 in Trient) und der Ästhetiker Pater Benitius Mayr (geb. 17. Dezember 1760 in Hall, gest. 15. Juni 1826 in Innsbruck).

Diese Männer der Wissenschaft fand nun Hofer in Innsbruck vor. Nicht seiner, sondern seiner Berater, namentlich Josef von Hormayrs und Anton von Roschmanns Initiative entsprang es, wenn viele dieser Professoren, wie Nitsche, Isser, Feilmoser, Albertini, Bertholdi, Spechtenhauser, Schultes und die Gymnasialprofessoren Alois Jud (geb. 15. Mai 1779 in Brixlegg, gest. 14. September 1837 in Kallham) und Christian Gilg (geb. 23. Dezember 1770 in Meran, gest. 19. August 1856 in Weingarten) sowie der Schuldirektor Josef Hubel (geb. 1769) Innsbruck auf höheren Befehl verlassen mussten. Schuld daran mochte wohl auch der Umstand gewesen sein, dass die Professoren, die mehr auf das Studium ihrer Hörer Gewicht legten, als auf deren Kriegsdienste, den Studenten abrieten, in den Kampf zu ziehen. Über die Ausweisung des Prof. Schultes wollen wir später sprechen.

Aber auch Universitätsstudenten anderer Universitäten hielten sich in Hofers Umgebung auf. So der Philosophiestudent Martin Rochus Teimer (geb. 14, August 1778 in Schlanders, gest. 27. September 1838 in Herbersdorf), der Grazer Student Kajetan Sweth (geb. 18. August 1785 in Graz, gest. 21. März 1864 in Innsbruck), der Freiburger Student Georg Hauger (geb. 23. Jänner 1792 in Freiburg, gest. 1. Oktober 1859 in Wien), der Innsbrucker Student Josef Eberhöfer (geb. 16. März 1786 in Martell, gest. daselbst 18, November 1864), der Gymnasiast Anton von Petzer-Rasenheim (geb. 19. Februar 1794 in Nieder-Rasen, gest. 3. Mai 1887 in Innsbruck) und schließlich der Mediziner Josef Ennemoser (geb. 15. November 1787 in Passeier, gest. 19. September 1854 in Egern).

Trotz des Widerstandes der Professoren folgten also die Innsbrucker Studenten dem Ruf des Generals Josef Ignaz Freiherrn von Buol (geb. 1748 in Innsbruck, gest. 1817 in Prag). Von den Namen der Freiwilligen dieser akademischen Studentenkompagnie des Jahres 1809 sind uns nur einige überliefert: Als Feldwebel stud. phil. Franz Mages (geb. Innsbruck 1791, gest. 5. März 1860 in Bozen, wo er von 1822 bis 1850 Bürgermeister war), Franz Josef Drexel, ein Vorarlberger, der Fähnrich med. Johann Witting (später ein gesuchter Chirurg), v. Lanser (Korporal), Anton Santner (geb. 7. Mai 1789 in Schnals, gest. als Dekan in Meran, 30. Juni 1877), der Mediziner Anton Robatscher, geb. 1778, der schon 1794 bis 1802 als Soldat beim 46. Linien-Infantrieregiment „Neugebauer" diente, nun als Oberleutnant seine Kameraden ablichtete und später an Stelle von v. Mersi als Hauptmann die Kompagnie befehligte. (Er starb als Arzt in Klausen um 1860.) Ferner der Mediziner Franz von Wocher-Oberlochau (geb. 31. Oktober 1787 in Innsbruck, gest. daselbst 28. Mai 1880), der Mediziner Johann Nikolaus Tschallener (geb. 15. Jänner 1783 in Brenn bei Ischgl, gest. als Irrenarzt in Hall am 14. Mai 1855) und der früher erwähnte Chronist dieser Kompagnie, Josef Eberhöfer, im ganzen 216 Studenten.

Am 29. April 1809 stellte sich die ganze Mannschaft in der langen Universitäts-Aula in Reih und Glied auf und lernte zum ersten Mal das Gewehr präsentieren sowie halbrechts und halblinks machen. Unter lautem Trompetenschall marschierte die stramme Kompagnie dann von der Universität durch die Stadt über die Innbrücke, an der sich viele neugierige Zuschauer eingefunden hatten. In Zirl wurde Nachtquartier gehalten. Die Gewehre waren große, meistenteils verrostete Musketen von alter Form, die aus dem alten Zeughaus bezogen wurden. Der Sold bestand aus täglich 30 Kreuzern, als Kleidung trugen sie das gewöhnliche Werktagsgewand ohne irgend ein militärisches Abzeichen. Am 30. April marschierten die Akademiker nach Seefeld und dann weiter zur Grenzfestung Scharnitz. Am 5. Mai ging es nach Mittenwald, aber am 6. Mai kam schon der Befehl zum Rückmarsch, der über Scharnitz nach Reith erfolgte. Am 7. Mai um 1 Uhr nachmittags traf die Kompagnie wieder in Innsbruck ein, wo sie sogleich vom Oberstleutnant Paul Freiherrn von Taxis (geb. 1763, gest. 1829) und vom Schützenmajor Josef Kapferer empfangen und öffentlich belobt wurde.

Dort stellte sie sich im großen Redoutensaal mit aufgepflanzten Bajonetten in Parade auf. Der Intendant Josef Freiherr von Hormayr erschien in großer Gala und hielt eine hochtrabende Rede, in der er den Mut und den Patriotismus der Studenten belobte und pries, als hätte sie Taten vollbracht von weltgeschichtlicher Bedeutung. Hormayr entließ dann die Studenten mit der Erwartung, dass sie auch bei drohender Gefahr ihren Kampfesmut an den Tag legen würden.

Am 13. Mai wollten die Studenten wieder ausziehen und erhoben, da kein Professor mehr dafür zu haben war, den früheren Oberleutnant Anton Robatscher zum Hauptmann. Aber auch diese Kompagnie kam nicht ins Feuer. Am 16. Mai wurde von neuem um ein Akademikerkorps geworben: es wurde mit Mühe ein Häuflein von 80 Hörern zusammengetrommelt und von Robatscher, sowie einem Bruder des ersten Hauptmannes Andreas von Mersi gegen Schwaz geführt, wo sie aber von den Franzosen in die nahen Wälder von St. Georgenberg in die Flucht geschlagen wurden. Der General Fürst Karl Wrede der bayerischen Truppen wies bei seiner Ankunft am 19. Mai in Innsbruck den Professor v. Mersi, den er als einen Verführer der Jugend schalt, wie einen Schuljungen zurecht.

Am 24. Juli 1809 wurde wiederum der Plan der Errichtung einer Studentenkompagnie erwogen; Andreas Hofer selbst wünschte die Bildung einer solchen, aber diesmal scheiterte die Aufstellung an den Studenten selbst, die den Verlust ihrer Studienzeit befürchteten. Mit dem Einrücken des französischen Marschalls Franz Josef Lefebvre in Innsbruck am 30. Juli 1809 wurde allen diesen Plänen ein Ende bereitet. Nach Antritt der Regierung durch Andreas Hofer am 17. August wurden die Vorlesungen, so gut es ging, wieder aufgenommen. Wie sich der Sandwirt mit den Universitätsprofessoren, die er seinem Unterrichtsminister Vinzenz von Anderlan (geb. Gfrill bei Salurn, 9. August 1744, gest. Innsbruck, 31. März 1825) unterstellte, verstand, erzählt uns ausführlich Josef Hirn in seinem Werk über das Jahr Neun. In der Berg-Isel-Schlacht, am 1. November 1809, kämpfte eine aus Studenten und Bürgern gebildete freiwillige („exemte") Kompagnie (zirka 100 Mann) unter dem Kommando des Hauptmannes Josef Schlumpf (geb. 30. August 1779 in Königswald, gest. 22. April 1850 in Waidring) tapfer mit.

Wenn die Innsbrucker Studentenkompagnie des Jahres 1809 nicht jenen Ruhm erntete, wie jene des Jahres 1848 oder 1866, so hatte dies vor allem seinen Grund darin, dass die Innsbrucker Universität unter der bayerischen Regierung (1805 bis 1809) sehr gut dotiert und sehr gut (mit dreißig Professoren) besetzt war und daher weder die Professoren noch die Studenten besondere Lust zeigten, gegen ihren Förderer, den bayerischen König, zu kämpfen, während es in den Jahren 1848 und 1866 gegen einen viel gefährlicheren Feind ging.



Quelle: Granichstaedten-Czerva Rudolf, Andreas Hofers alte Garde, Innsbruck 1932, S. 49 - 53.

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.