Die wandelnden Verräter

Jene Anhöhe bei Deinikon, auf welcher der Landfriede anno 1531 geschlossen wurde, nennt man die "Bühne". Erschüttert durch den bitterbösen Ausgang des Krieges bei Kappel, so erzählt das Volk, gab Zürich seinen Gesandten die Weisung: Wenn es nicht anders sein könnte und die siegreichen Katholiken darauf beharrten, so wollten sie sich wieder zum alten Glauben bequemen. Sie müßten aber alles versuchen, besonders mit Geld sollten sie nicht knauserig umgehen, um ja zu erreichen, daß Zürich beim neuen Glauben bleiben dürfe. Und da ließen sich einige katholische Gesandte mit den Zürcherbatzen bestechen, und Zürich blieb reformiert. Dafür haben die Bestochenen ihre Seelenruhe eingebüßt für Zeit und Ewigkeit und offenbaren als wandelnde Verräter den Menschen Schuld und Strafe. Die Übeltäter müssen als wilde Reiter ihren Fehler in wilder Jagd abbüßen. Stets reiten sie einen genau bestimmten Weg und niemand darf ihn versperren. Einst sei zufällig ein Wäscheseil über den Geisterweg gespannt worden, allein in der darauffolgenden Nacht hätten die Nachbarn keine Ruhe gehabt, bis das Hindernis beseitigt wurde.

Einst habe eine arme Bettelfrau bei der "Bühne" einen eilig wandernden Mann in altertümlicher Tracht "in Gottes Namen" um ein Almosen angebettelt und da sei der Mann vor ihren Augen in Luft zerflossen.

Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 51