25. Der Markenrücker ob Grub

Zu seinen Lebzeiten war er ein angesehener Mann. Als solcher war er Vogt über das Vermögen einer Witwe. Heimlich aber fällte er Holz in ihrem Walde und versetzte die Marksteine, die ihren Boden begrenzten. Zur Strafe mußte er auch nach seinem Tode in dem Walde bleiben, und oft hörten ihn Fronfastenkinder Holz sägen. Viele Leute konnten nachts an jener Stelle nicht mehr vom Flecke, bis die Betglocke läutete.

Einst, als nachts ein Bursche durch diesen Wald ging, begegnete ihm ein Mann, angetan mit langem, weißem Gewande, das von einem bunten Gürtel zusammengehalten wurde. In der Hand trug er eine Säge. Lange Zeit starrte er, die Arme ausgebreitet, dem Burschen ins Gesicht. Seit dieser Zeit war es letzterem nicht mehr recht. Gar oft erschien ihm ein Vogel und setzte sich ihm auf die Schulter. Wollte er ihn fassen, husch, war dieser fort, und die Vögel auf den nahen Bäumen erhoben ein lautes Gepfiff und Geschrei. Bald starb der Bursche.
A. Sprenger.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 25, S. 16
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, April 2005.