Die Spinne

Wenn einem morgens eine Spinne über der Leib läuft, sieht man sie als Unglücksbotin an und tötet sie oder schleudert sie weg. Nachmittags aber sieht man sie als Glücksbotin an und schont sie. Daher der Reimspruch:

Spinnerin am Morgen
bringt Kummer und Sorgen.
Spinnerin am Abend
bringt Glück und Gaben.

Der ausgerisssene Spinnenfuß zuckt so lange fort, bis er ruckweise wieder zum Tiere kommt.

Spinnenhäute soll man nicht wegfegen, weder im Stalle, noch im Vorhaus.

Wenn man in einem Haus Spinnweben sieht, sagt man:
Da ist eine Braut im Haus! Denn die Spinnweben sind Heiratsbriefe.

Ein Bauer kaufte eine Kuh, die schön fleißig war und viel Milch gab. Aber nach einiger Zeit magerte sie ab und hörte zu milchen auf. Wann der Bauer nach dem Füttern aus dem Stalle ging, schaute ihm die Kuh allemal nach und plärrte. Daraus erkannte er, daß sie von ihrem vorigen Besitzer etwas Besonderes bekommen hatte, was ihm dieser verschwiegen hatte. Erzürnt ging er zu jenem alten Bauer und würgte ihn drohend: „Wenn du mir nicht sagst, was du der Kuh Besonderes gegeben hast, dann ...!" Da sagte der Alte: „A Spinnaweckerl afs Brot houf s kriagt olle Ton!" Der Käufer gab ihr fortan die gewohnte Maulgabe und sie ward wieder leibig und milchreich.

Mit Spinnwecken (Spinnweben) kann man das Blut stillen.

Wider das Fieber kennt man ein Mittel: Man bindet nämlich die gesamten Spinnweben, die in den Kammern und auf dem Boden aufgetrieben werden können, um Mitternacht auf den Puls der Fiebernden. Es hilft!

Quelle: Sagenreise ins Pielachtal, Sagen, Erzählungen, Geschichten - aus dem reichen Sagenschatz des Pater Willibald Leeb. Zusammengestellt und herausgegeben von der Arbeitsgruppe Heimatforschung im Verein für Dorferneuerung in Hofstetten und Grünau. Text: ca 1900.
Von Gerhard Hager, Verein für Dorferneuerung, 3202 Hofstetten-Grünau, freundlicherweise für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.