Wie Eulenspiegel vor seinem Ende beichtete und den Pfaffen bezahlte.

Als Eulenspiegel zu Mollen auf den Tod krank lag, kam ein Pfaff zu ihm, der hatte gehört, daß Eulenspiegel durch seine schalkhaften Streiche sich viel Geldes verdient hatte, und dachte sich noch etwas bei ihm zu verdienen. Der Pfaff redete ihm zu, er solle seine Sünden bereuen und Beichte tun, damit er ein sanftes und seliges Ende habe. "Ach, lieber Herr", antwortete Eulenspiegel, "mein Ende wird nicht sanft sein, denn der Tod ist ein bitteres Gewächs; aber meine Sünden will ich auch beichten." Hierauf erzählte er dem Pfaffen allerlei Schalkheiten, die er nicht ausgeübt hatte, und sagte, daß es ihn herzlich reue, sie unterlassen zu haben. Dem Pfaffen war es nur um das Beichtgeld zu tun, und darum erteilte er dem Kranken dennoch die Absolution nach dieser Beichte. Eulenspiegel bestellte ihn gegen Abend wieder, da wollte er ihm seinen Dank abstatten. Als nun der Pfaffe des Abends kam, langte Eulenspiegel einen Topf unter dem Bette hervor, dahinein hatte er seine letzte Arbeit getan und einiges Kupfergeld oben darauf gelegt. Er reichte dem Pfaffen den Topf und sagte: "Sehet, lieber Herr, das ist alles, was ich mir erübrigt habe, da nehmt euch etwas heraus; aber bedenket, daß ich ein armer Mann bin, "und greifet nicht zu tief in den Topf." Der Pfaffe dachte aber einen guten Griff aus dem vollen Topfe zu tun und fuhr mit der Hand fast bis auf den Boden des Topf es. Da fühlte sich Eulenspiegels Geld gar weich an, und der Pfaff fuhr schnell mit der Hand zurück. Da sah er, daß er angeführt war und sich die Hände mit ungerechtem Gute besudelt hatte, warf den Topf weg und lief davon; Eulenspiegel aber lag auf seinem Sterbebette und lachte so laut er konnte.

Quelle: Aus dem Volksbuch "Der wiedererstandene Eulenspiegel", Volksbücher 12, Leipzig 1845, bei Otto Wigand, hrsg. v. G. O. Marbach, S. 106 f.
aus: Leander Petzoldt, Historische Sagen, Mit Anmerkungen und Erläuterungen, Band II, Baltmannsweiler 2001, Nr. 601, S. 124.