Das Ohrenfest zu Wahlstatt [Legnickie Pole]

Wenn am Sonntag nach dem 9. April die Scharen nach Wahlstatt eilen, dort den Kriegssonntag zu feiern, erwarten sie, daß ihnen neun Säcke mit den abgeschnittenen Ohren der einst in Gefangenschaft geratenen Christen gezeigt werden. Diese Erwartung gründet sich auf folgende Sage:

Als am 9. April des Jahres 1241 auf der Ebene bei Wahlstatt die Mongolenschlacht geschlagen ward, in der Herzog Heinrich II., der Sohn der heiligen Hedwig, fiel, gebärdeten sich die Hunnen als ein äußerst grausames Volk und schnitten allen Christen, die das Unglück hatten, in ihre Gefangenschaft zu geraten, die Ohren ab. Diese steckten sie sodann in große Säcke. Neun solcher Säcke füllten sie damit. Diese neun Säcke beabsichtigten sie, dem Khan Batu, ihrem Oberbefehlshaber, zu senden, damit er sich von ihrer Tapferkeit überzeugen könne und eine Ahnung von der großen Niederlage bekäme, die sie den Christen beigebracht hatten. Diese neun Säcke sollen jedoch den Oberherrscher nicht erreicht haben. Darum müssen sie noch in Wahlstatt zu finden sein.


Quelle: Sagen aus Schlesien, Herausgegeben von Oskar Kobel, Nr. 10