Der dreizehnte Glockenschlag

In einer fröhlichen Gesellschaft junger Musiker, die sich von einer alten Hexe wahrsagen ließ, fragte der Kapellmeister des Königs Ferdinand L, Arnold de Brück, wann er sterben werde. Die Antwort lautete: "Wenn die Uhr auf der Stephanskirche dreizehn schlägt." Alles lachte und meinte, Arnold werde dann wohl ewig leben, da dieser Fall nie eintreffen werde.

Der Musiker liebte es manchmal, an einem schönen Tage den Stephansturm zu besteigen und da bis zur Glockenstube emporzuklimmen, um die herrliche Aussicht zu bewundern. Eines Tages, eben als die Uhr die Mittagsstunde schlug, lehnte er sich zu weit vor und - stürzte vom Turme hinab. Noch vorher war sein Degen an der Glocke angekommen und hatte dergestalt den dreizehnten Schlag getan, über den sich die Wiener wunderten, bis die gräßlich verstümmelte Leiche Arnolds den Tatbestand erklärte und durch den Wächter, der ihn auf den Turm begleitet hatte, der wahre Sachverhalt kund war.

Quelle: Gugitz, Gustav, Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, Wien 1952, S. 83