DAS LETZTE VIERTEL

Auf dem Stephansturme befindet sich ein großes Uhrwerk, das jedoch nur Stunden schlägt; die Viertel werden von den Wächtern mittelst eines Drahtzuges am Primglöckel angeschlagen, bis auf das letzte, das schlagen sie nicht an.

Als zum letzten Male, so geht die Sage, Wien von den Türken belagert wurde, da erscholl die Nachricht, der Feind habe geschworen beim Barte Mohammeds, er wolle die Stadt innehaben, bevor noch die Uhr das letzte Viertel töne. Sogleich unterließ man, das letzte Viertel anzuschlagen, und die Stadt blieb unerobert.

Solchem Ereignis zum Gedächtnis wurde fortan das Anschlagen des letzten Viertels für immer unterlassen. Das geschah im Jahre 1683.


Quelle: Volkssagen, Mährchen und Legenden des Kaiserstaates Österreich, Ludwig Bechstein, 1840
Vgl. auch Das letzte Viertel