Der Knopf von des Kaisers Rock

Als bei Ferdinand III. der Schwede Korn-Neuburg, vier Meilen ob Wien, belagert und viele Regimenter vom Kaiser zum Schweden gefallen waren, haben die Ratsherren den Kaiser dahin bereden und nötigen wollen, er soll sich und die Stadt Wien an Schweden ergeben. Als Zeugnis hat Bürgermeister Giener den Schweden versprochen, einen Knopf von des Kaisers Rock von ihm abgerissen, ihnen zu bringen. Daher ging nun Giener zum Kaiser Ferdinand, stellte ihm vor, wie daß von nirgends Hilfe zu hoffen, daher besser sei, mit Kondition sich dem König in Schweden, dem wirklich das ganze Reich zugefallen, zu ergeben, als die äußerste Not zu erwarten, und sagte anstatt Ferdinand: "Nandel, Nandel, es muß resolviert sein, es lasset sich nicht säumen." Inzwischen raubte Giener ein Knopf von des Kaisers Rock. Der Kaiser antwortete, er wolle ein wenig in sein riterada, sich darüber zu besinnen. Da er darinnen vor seinem Kruzifix (welches wirklich in der kaiserlichen Schatzkammer) betete, redet das Kruzifix mit ihm und tröstet ihn der Hilf. Auf dies, unwissend des Kaisers, kommt der General Sandelier, stellt seine Mannschaft vor der kaiserlichen Burg, geht zum Kaiser; als der Kaiser den Sandelier gesehen, verschrak er heftig und sagte: "Sandelier, Sandelier, bist auch wider mich, so bin ich verloren!" Dieser General mit demütiger Reverenz sagt, was gestalten er laut der gegenwärtigen Patenten kaiserliche Ordern erhalten, sich nachher Wien zu machen, dessen Befehl auch nachkommen wollen. Auf dies der Kaiser, welcher weder geschrieben noch schreiben lassen, die Allmacht Gottes gesehen, ganz getröstet den General empfangen und den Bürgermeister Giener von sich geschickt, der hernach die Zeitung ins schwedische Lager gebracht.

Quelle: Gugitz, Gustav, Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, Wien 1952, S. 192