DAS NACHTVOLK STRAFT

Einer, der gern Musik hörte, ging einmal dem lustigen Nachtvolk auf den Brunnenberg im Kleinen Walsertal nach. Er lauschte seinem Saitenspiel und schaute seinem Tanz und anderer Kurzweil die ganze Nacht lang zu. Gegen Morgen machte sich eins nach dem andern davon, aber das letzte steckte noch ein Messer, wie es dem Zuschauer schien, ober die Tür der Tanzhütte. Auf einmal merkte der Fürwitzige, daß das Messer in Wirklichkeit in seinem Knie steckte. Niemand vermochte es herauszuziehen und der Unglückliche trug den Schnetzer in seinem Bein ein ganzes Jahr, doch ohne Schmerzen, herum. Als das Jahr vorüber war, suchte er den alten Platz, wo er die Versammlung richtig wieder fand. Wie vormals wurde prächtig gezecht, mutig gesprungen und bei anbrechender Morgenröte fürsichtig abgefahren. Dabei langte der letzte über die Türe und sagte: "ich will doch mein Messer wieder mitlassen." Und der Zuschauer ging weg, ohne von dem Schnetzer im Knie noch etwas zu spüren. - Die gleiche Geschichte erzählt man auch in Rungiletsch bei Frastanz.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 143, Seite 122