Wodan beschenkt die Guten und bestraft die Bösen

Im Herbst, als die Hirten das Vieh von der Satteinser Alpe Gast heruntertrieben, bemerkten sie erst im Tale, daß eine Kuh fehlte. Da sollten die zwei Hirtenbuben die Kuh holen. Die beiden konnten einander nicht leiden. Der Größere ging darum nicht mit und schickte den Kleinen allein hinauf. Als der Hirtenknabe auf die Alpe kam, war es schon dunkel. Um Mitternacht hörte er ein Pfeifen und Singen. Er schaute hinaus und sah eine Geisterschar um ein Feuer sitzen und eine Kuh braten. Einer von diesen Männern rief ihm zu: „Komm herunter und iß mit!" Da er Hunger hatte, ging er hinunter und aß mit. Die Knochen legten die Geister sorgfältig auf die Seite. Auf einmal verschwanden die Geister und der Bub legte sich wieder ins Heu und dachte, jetzt haben die Geister meine Kuh gegessen, Als er in der Frühe aufstand, sah er die Kuh unversehrt im Stalle. Auf dem Hüttentisch lag eine goldene Flöte. Er machte sich mit der Kuh und der Flöte auf den Weg ins Tal. Als er ins Dorf kam, spielte er auf seiner Flöte vor sich hin. Alle Leute schauten zum Fenster heraus und wunderten sich über das schöne Spiel.

Der größere Hirtenbub war ihm neidig und dachte, so eine Flöte muß ich auch haben. In der nächsten Nacht ging er in die Alphütte hinauf. Er ist aber nie mehr heimgekommen.
Satteins

Quelle: Vom alten Glauben, Sagen aus dem Kreis Dornbirn, Walter Weinzierl u. Theo Bildstein, Dornbirn 1944, S. 35f