Der Riese von Parx

In Ludesch steht auf hohem Hügel am Berghang schlank und leicht ein gotisches Kirchlein, das St. Martin geweiht ist. Allerlei halb erloschene Malereien und Schilder mit bäuerlichen Hauszeichen zieren die Wände.

Es ist uralt; schon vor der Zeit Karls des Großen stand es inmitten grüner Rebhalden am gähen Hange. Bei seinem Baue half ein riesengroßer Mann aus Parx. Ohne diesen hätte man es gar nicht fertig gebracht. Als es dann vollendet war und ins tiefe Tal hinabschaute, wußte niemand Rat, wie die Glocke die steile Halde hinaufbringen. Der Riese allein war nicht verlegen. Mit gewaltiger Kraft schwang er die Glocke auf den Rücken und trug sie durch die Reben empor auf den Berg. Zum Lohne verlangte er des Landweins genug und leerte dann einen ganzen Kübel voll roten Walgauer in einem Zug.

Zum Andenken an den Riesen hat man später sein Bild mit der Glocke auf die Außenwand des Kirchleins gemalt; jetzt ist es aber ganz verblaßt und kaum mehr zu sehen.

Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 47