Die unterirdischen Gänge im Rankweiler Frauenberg

Auf dem Frauenberg zu Rankweil finden sich unter der Kirche verborgene, halb verschüttete Gelasse und Keller des einstigen Schlosses, worin die alten Ritter noch heute mit goldenen Kegeln spielen. Es ist aber nicht ratsam, dahin vorzudringen. Ein zwölfjähriger Bub, der vor etlichen Jahren solches wagte, kam mit hochgeschwollenem Gesicht zurück und starb gleich darauf; niemand konnte ihm helfen.

Burg Rankweil
Burg Rankweil
Keine Burg unseres Landes wird so viel gesehen und bewundert wie das viel gegliederte, wunderhübsche Bauwerk auf dem Rankweiler Liebfrauenberge. Es wäre mehr als sonderbar, wenn auf diesem gottgegebenen Fundament kein Ansitz entstanden wäre. Tatsächlich wird zur Zeit Karls d. Gr. ein Hunfried erwähnt und 823 erschien Kaiser Lotar in Rankweil. Der runde dicke Trum, die Ringmauern mit dem Torturm und andere Reste erinnern an die alte Burg, die jetzt ein Heiligtum ist.
Quelle: Andreas Ulmer, Vorarlberger Volkskalender 1936, S. 33

Von diesen verborgenen Gewölben des alten Schlosses führen tief in die Erde und den Fels gehauen Gänge bis zum dorf hinab, ja selbst bis zu den benachbarten Burgen. Einer erschließt sich bei den Kirchenstufen, und da ist das goldene Kegelspiel vergraben, das immer mehr in die Tiefe sinkt; er läßt sich nicht ergründen. Der zweite führt der Gastra zu. Der dritte mündet im Garten bei der Engelwirtschaft; dort ist ein Beet, dessen Erde sich alljährlich setzt; soviel neue aufgeschüttet wird, stets versinkt sie wieder. Ein vierter Gang führte von der Fridolinskapelle bis weit unten ins Dorf; jetzt ist er auch verschüttet.

Diese unterirdischen Gänge mußten vorzeiten leibeigene Untertanen ihren Herren graben, Männer, Frauen und Kinder, während die Männer gruben und die Felsen zerhieben, waren die Frauen gezwungen, die Steinstücke und die schwere Erde aus den Gängen herauszuschaffen. Dabei schossen die Herren nach ihrem Gefallen mit Pfeilen auf die Arbeitenden. Als es zu arg wurde, verschworen sich aber endlich die Bauern; sie verbrannten die Schlösser und Burgen in einer Stunde und die Anwohner mit ihnen. Nur die Schattenburg und das Schloß bei St. Arbogast blieben stehen.


Quelle: H. Hensler-Watzenegge, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 17