ROCHUSSES

In jener schauervollen Zeit der Pest in Dornbirn kündete den Totengräber eine kleine Glocke an, wenn er bei einbrechender Nacht durch die Bezirke und Gassen der großen Gemeinde fuhr. Wo in einem Haus eine Leiche war, hielt er an, lud sie auf und führte sie auf den Gottesacker, sie zu beerdigen. Vor einem Haus meldete man ihm, daß die Tochter verschieden sei. Stumm und gefühllos lud er die Totgeglaubte auf seinen Wagen, um sie zu den vielen hundert anderen in die kühle Erde zu betten. Der Liebhaber schritt, tiefbetrübt über seinen Verlust, hinter dem Wagen her. Auf einmal packte ihn der Gedanke: "Sie ist nicht tot !" Er hob das Mädchen vom Wagen, merkte, daß sich Leben in ihr regte, trug sie nach Hause und pflegte sie sorgsam unter heißen Gebeten für ihre Genesung. Der Himmel erhörte seine Bitte, und sie wurde vollkommen gesund. Später bat er um ihre Hand, die dem Lebensretter nicht verwehrt wurde. Als sie der Priester am Altare ehelich verbunden hatte, gelobten sie, wenn der Himmel ihnen ein Büblein schenken würde, ihm den Namen Rochus zu geben, des großen Schutzheiligen der Pestkranken. Ihr Wunsch ging in Erfüllung. Das Söhnlein bekam in der Taufe den angelobten Namen, gedieh, wurde groß und stark. Als sich Rochus, zum Manne gereift, verehelichte und Nachkommen erhielt, nannte man diese und auch alle späteren Nachkommen seiner Kinder bis auf den heutigen Tag Rochusses.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 74, Seite 87