DER PFIFER

An einsamen Orten stehen oft Bildstöckle und geben die Stelle an, wo ein Mensch von ruchloser Hand ermordet worden ist. Da ist es nachts manchmal nicht geheuer, denn der gerechte Gott verurteilt den Mörder, auf dem Schauplatz seiner Untat zur eigenen Qual und zum abschreckenden Beispiel für jedermann nach dem Tode zu geisten. An einer Grenzmark Dornbirns stand früher ein Wäldchen und darin ein solches Bildstöcklein. Ging man um Mitternacht dort vorbei, so vernahm man auf eine lange Strecke ein durchdringendes Pfeifen, bald weit weg, bald unmittelbar vor den Ohren gellend, jetzt links, dann rechts, aus den Lüften kommend, dann wieder im Rücken ertönend. Auch der Herzhafteste wurde durch das Pfeifen in Furcht versetzt. Das Volk nennt den Geist den Pfifer, und er haust schon seit undenklichen Zeiten an dem Bildstöcklein.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 66, Seite 83