Meister Hanns Sturn

Das Wahrzeichen Feldkirchs ist dessen alte gotische Stadtpfarrkirche. Sie stammt aus dem Jahre 1478, und der sie baute, war Hanns Sturn, ein kunstreicher, weitberühmter Meister.

In stillen Stunden hatte er den Plan geschaffen. Zweischiffig ließ er sie erstehen, mit hohem, leichtem Gewölbe, eine einzige Reihe schlanker, ragender Säulen in der Kirchenmitte. Ein Gotteshaus sollte es werden, nach des Meisters Villen, so hehr und schon, wie es kein zweites gab weitum im Tande. And voll stolzer Tust schaute er, wie Stein an Stein sich fügte, wie die Kirche daraus erwuchs und die Pfeiler sich langsam emporschwangen, wie die Fenster sich hoben und die Streben, bis endlich in schwindelnder Höhe sich das Gewölbe spitzbogig schloß, frei, kühn und leicht, in herrlicher, erhabener Schönheit. Die beste Kunst hatte der Meister an diesen Bau gewandt und sein Herz schlug hoch, als er vollendet war und die Maurer darangingen, das Gerüste abzubrechen.

Da aber geschah das Schreckliche. Sobald die hölzernen Träger entfernt waren, erkrachte das Gewölbe mit dumpfem Dröhnen, als ob es berste. In jäher Angst floh alles aus der Kirche und von diesem Augenblicke an ward Meister Hanns nicht mehr gesehen. Die Sage meldet, er habe in verblendetem Stolze nicht überleben wollen, daß sein Werk zusammenbreche und deshalb voll Schmerz und wilder Verzweiflung den Tod in der nahen reißenden III gesucht.

Das Gewölbe der Kirche aber hatte sich nur gesenkt, kein Riß, keine Spalte Zeigte sich, als das Gerüste gänzlich entfernt war. And noch heute, nach Jahrhunderten, steht der Bau so hoch und herrlich, wie der unglückliche Meister ihn gefügt, und mahnt, nie Zu verzagen, sondern drohendem Mißgeschick zu begegnen mit starkem ausharrendem Mute.

Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 4