Santa-n-Ilga

Im stillen, waldumsäumten Tale unter der Tostner Burg neben dem Kirchlein St. Corneli steht eine tausendjährige Eibe.* Schon ehe das Schloß erbaut wurde, das jetzt in Trümmern zu ihr niedergrüßt, wuchs sie an einsamer Halde. Mächtig ragt sie empor mit breitem, zwiefachem Wipfel. Rauhrindig und verwittert ist ihr Stamm, zerrissen und von Baumbart durchwirrt ihr dunkles, hängendes Geäst. So steht sie wuchtig und stark, ein Heiligtum aus uralter Zeit.

Nur ehrfürchtig naht ihr das Volk, denn in ihrem Schatten hat die hl. Jungfrau mit dem lieben, göttlichen Kinde gerastet, als sie auf der Flucht nach Aegypten durch dieses Waldtal irrte. Seitdem wirkt Segen und geheime Wunderkraft im Holz der Eibe, und ihre Rinde lindert Weh und Gebrest.

Zum Gedächtnis an die Rast der Muttergottes ist in der Krone des Baumes, wo sich ob dem niedrigen Stamme der Wipfel teilt, in einem Schreine ein holzgeschnitztes Marienbild aufgestellt: Die heilige Jungfrau mit der Ilge** in der Hand. - Santa-n-Ilga heißt darum die geweihte Statt.

* Prof. Dr. Josef Murr (†) bezeichnet in seiner Abhandlung"„Immergrüne aus der heimischen Flora" diese Eibe als einen der ältesten Bäume ganz Mitteleuropas. Ihr Alter übersteige tausend Jahre.
** Lilie

Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 10