Der Schatz auf dem Burgfeld

Beim Burgfeld sind beinahe alle Mauern schon lange zerfallen, Moos und Büsche überdecken sie, und Tannen wachsen dazwischen. Aber ein großer Schatz ist noch oben. Dort, wo Goldblumen stehen und die Mausäuglein hervorschauen, liegt er im Boden. Und doch kannst du ihn nicht finden, so wenig wie du die Eichkätzchen im Nestchen bekommst, weil sie neun Nestchen haben.

Zu bestimmten Zeiten blüht er: Glanz (Glast) will zu Glanz und der Goldschatz an die Sonne. Nur ein Sonntagskind aber kann ihn sehen, und er läßt ihm dann auch ein kleines Zeichen.

Unsere haben das Burgfeld zum Lehen gehabt, und die Großmutter ist als kleines Mädchen viel (oft) dort oben auf der Halde gewesen. Wie sie da einmal an einem Morgen in den Turmmauern den Blümlein nach ist (Blümlein gesucht hat); „Frauenschuh und Glaiele sind die schönsten Maiele (Blümchen)“, und der Tau auf jedem Läubchen und Gräslein, ja der weiße Schimmer an den Efeuträubchen geglitzert hat und geglänzt, sieht sie mitten im Gestrüpp noch einen helleren Schein. Und als sie danach greift, liegt wie in einem passenden Kästchen ein goldenes Kettlein im Moos. Und das Hütebübchen, das Jockele, hat droben in einer bastgebundenen Vase eine goldene Lanzenspitze gefunden. Er hat sie lange aufgehoben, aber als ihm ein alter Jude fünf Gulden dafür bietet, hat er sie ihm überlassen.

Quelle: Zentralarchiv der deutschen Volkserzählung, 180008, H. H. Watzenegger-Hensler, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 129f