DER MARKENRÜCKER

Zwei Stunden von dem Dorfe Au gegen Damüls liegt die Alpe Böden. So oft die Knechte spät in der Nacht vor die Hütte hinaustraten, hörten sie von weitem den wehmütigen Ruf: "Wo soll ich sie hintun?" Langsam kam es näher und näher und wiederholte die Frage mit ganz vernehmlicher Stimme. Die Knechte merkten zwar bald, daß es ein Geist sei, der diesen Ruf hören lasse, aber sie wußten nicht, was sie tun oder welche Antwort sie geben sollten, damit er seine Ruhe erlange. Da kehrte der Senn einmal spät in der Nacht von der Auer Kilbe in gehobener Stimmung in die Alpe zurück. Einermal tönte vor ihm wieder der Ruf: "Wo soll ich sie hintun?" "Ei Narr, wer wird lang fragen? Wo du sie hergenommen hast", gab er schnell zur Antwort. Damit war der Geist erlöst. Er zeigte sich dem Knecht in weißer Gestalt, bedankte sich und erklärte ihm, daß er vor vielen Jahren der Eigentümer dieser Alp gewesen sei und Marksteine verrückt habe. Zur Strafe habe ihn Gott verurteilt, solange auf dieser Alpe zu geisten, bis ihm einer die rechte Antwort gebe. Dann befahl der erlöste Geist, daß ihm der Knecht das Nastuch hinhalte. Da drückte er seine Hand, die noch von den Gluten des Fegfeuers ganz heiß war, so ein, daß man später noch alle fünf Finger deutlich darin sehen konnte.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 47, Seite 74