DIE WETTE

Es sagt an einem Weihnachtsabend einmal ein Mann zum andern: "Los, Nachbar, ich wett meine Zeitgeiß, du traust dich nicht, mir meinen Schmalzkübelzolfen hinacht von Spullers zu holen." Der Nachbar sagt: "Wohl, freilich, die Wette gilt", und nimmt einen fünfspornigen Hund, Stahl, Feuerstein und Schwamm und geht Spullers zu. Wie er an den Stofel kommt, bringt ihm der Butz von Spullers das Rührkübelholz ein gute Stück schon entgegen, aber der Nachbar sagt zu ihm:


"Los, gueta Fründ,
Tue du de Zolfa hi,
Wo-n-er isch früher gsi,
I will en selber hola."


Auf das springt der Butz mit dem Zolfen wieder in die Diehja zurück, und der Nachbar geht ihm nach und kommt nach einer Weile auch in die Hütte. Dort nimmt er die Feuerrustig aus dem Sack, schlägt Feuer, weil es ziemlich dunkel ist, nimmt mir nichts dir nichts den Zolfen zu Handen und geht drauf seines Weges weiter. Der Butz aber ruft ihm nach:


"Hättescht net Härt und Hääß,
Wett i di lehra gwinna d'Zitgääß."


Andere erzählen, der Butz habe gerufen:


"Hättescht net Grandbeiß und Fürheiß,
Wett i di lehra gwinna d'Zitgeiß."


Gottmersprich, hättest du nicht Stahl und Feuer bei dir, bekämst du die Zeitgeiß nicht. So aber hat der Butz nichts an ihm gehabt, und der Nachbar hat dem Mann den Zolfen gebracht und die Zeitgeiß gewonnen.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 117, Seite 109