292. Wallfahrt und Tod

In einem Maisöß im Gamperdon waren viele schöne Häusle und ein jeder wollte das schönste haben. Drum sagte ein Bub zu seiner Mutter: „Jetzt geh' ich auch unser Häusle herrichten, die andern haben's so schön!" und er nahm auf ein paar Tage zu essen mit und ging. Da fiel ein tiefer Schnee, daß der Bub nimmer herauskonnte, und seine Mutter jammerte, daß doch Männer vom Dorf ihn holen möchten. Es fanden sich solche, aber wie sie zur Alpe kamen, schritt er schon mit einem Stecken daher. Sie gingen also mitsammen heim. Dort verbarg er den Stecken zuoberst in den Dachgiebel, stärkte sich, zog die Sonntagskleider an und machte sich gleich auf den Weg nach Einsiedeln. Nach drei Tagen kam er krank zurück. Man holte den Pfarrer und dem erzählte der Bursche, es sei in die Alpe ein Mann gekommen, der ihn gehen geheißen und ihm sogar noch fortgeholfen habe, als er auf dessen Bitte versprochen, bei Wasser und Brot nach Einsiedeln zu wallfahrten und die Schuld für eine Kuh zu ebnen, die er dereinst erfällt habe. Als Wahrzeichen, daß er's „warm" habe, hätte der Fremde ihm den Stecken gegeben, in dem die fünf Finger eingebrannt waren. Bald nachher starb der Bub.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 292, S. 168f