469. Valkastiel und die Heidenschlösser im Montavon

Der Montavoner [Montafoner] nennt die wenigen Schloßruinen in der Gegend Heidenschlösser und weiß auch von ihnen zu erzählen. Diese Schlösser waren einst von mächtigen Zwingherren bewohnt, die eine Geißel der Bauern waren. Sie bauten die Burgen auf hohe, schwer zugängliche Felsen, und zwar so, daß man von einer zur anderen sehen konnte. Auf diese Art war es ihnen möglich, sich im Notfalle rasch durch Zeichen zu verständigen. Gewalttaten, Raubsucht und Willkür machten diese Tyrannen beim Volke so verhaßt, daß es sich gegen sie verschwor und beschloß, Rache zu nehmen. Voll List und Kühnheit bemächtigten sie sich in einer Nacht sämtlicher Schlösser und zerstörten sie von Grund aus. Nur der Herr des Schlosses auf dem Valkastiel in

Vandans vermochte sich durch die Unzugänglichkeit seiner Festung zu halten. Schließlich wurde es den Angreifern durch Bestechung einer Magd möglich, in das Schloß zu dringen. Der Burgherr hatte nämlich die Gewohnheit, sich nach dem Mittagsmahl von ihr Läuse suchen zu lassen und nachher ein Schläfchen zu tun. Die Magd verriet es den Feinden und gab ihnen Mittel an die Hand, sich des Schlosses zu bemächtigen. So drangen sie unvermerkt ein, überwältigten den Zwingherrn und weihten auch seine Burg dem Untergange.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 469, S. 259f