431. Das Licht am Omeshorn

Kein Butz in der Gemeinde Lech wurde so häufig und von so vielen gesehen wie das geisterhafte Licht am Omeshorn. Im Sommer, aber auch mitten im Winter sah man in der Nacht ein flackerndes großes Licht aus der Alpe Gstüat über den Stutz herkommen und bald hoch, bald tief am steilen, unwegsamen Abhang des Omeshornes dahinstreifen. Auch bei tiefem Schnee sah man das Licht über die unzugänglichsten Stellen dahinleuchten und allmählich im Zürstale verschwinden.

Der Butz folgte einmal einer Frau, die in der Nacht durch das Zürstal hinaufging. Das Licht nahte sich ihr auf etliche Schritte; wenn das Weib stehen blieb, so rührte sich auch das Licht nicht; wenn die Frau ging, folgte ihr auch der Butz.

Etwa vor fünfzig Jahren ging Franz Schneider vom Heimgarten auf die jenseits des Omeshornes gelegene Schafalpe. Es war stockfinstere Nacht. Da leuchtete auf einmal am Omeshorn drüben das geisternde Licht. Franz glaubte nicht an Butzgeschichten und sagte spöttisch: »Wenn nur das Licht käme und mir zündete." Im selben Augenblick kam das Licht eilig herüber und war bald in der Nähe des Spötters. Der Bursche sprang sich halb tot. Das Licht folgte ihm bis zur Hütte, wo es auf einmal verschwand.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 431, S. 241