416. Das Treiben in der Kluppe

Ungefähr in der Mitte des Zürstales ging früher am rechten Ufer des Zürser Baches ein rauher Viehtreibweg auf die schöne Hochalpe Monzabun [Monzabon?]. Dort soll es vor altem nicht richtig gewesen sein und jetzt noch würden viele nicht um alles in der Welt dort übernachten. Neben der Hütte ist ein von mannshohen Mauern umgebener Hof, in dem das Vieh während der Nacht ausruht. Da kam es nicht selten vor, daß die ganze Herde um Mitternacht auf einmal im Kreise getrieben wurde und dann über die Mauern flog. Man nennt dies "das Treiben in der Kluppe".

Tobias Wolf war in jungen Jahren einmal Schneeknecht auf Monzabun. In der Nacht, zwischen elf und zwölf entstand auf dem Dache der Hütte ein sonderbarer Lärm, gerade als ob es hagelte. Im selben Augenblick begann das Treiben in der Kluppe. Alles drehte sich blitzschnell im Kreise, nur die Pferde standen still. Man sah es von der Hütte aus ganz deutlich, weil ein großes Wachfeuer in die Kluppe seinen Schein warf. Der Großhirte sprang sofort hinaus und es war höchste Zeit, denn schon flogen zwei Rinder im Bogen über die Mauer, was natürlicherweise nicht möglich war. Der Hirte brachte die kreisenden Tiere allmählich zum Stehen. Die zwei entkommenen Rinder fand man am folgenden Morgen in einem abgelegenen Winkel der Alpe mit blutigen Hörnern. Das Treiben in der Kluppe kam auch auf ändern Alpen vor; manche Hirten wußten ein gutes Gegenmittel.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 416, S. 234