94. Die Freimesse

Als einmal auf der Schnepfegg ein Bursche eines Sonntagnachmittags an einer Heubarge vorbeikam, hörte er Geräusch und Gemurmel. Neugierig ging er hin und schaute zu einer Spalte hinein. Da gewahrte er zwei ihm wohlbekannte Männer kreidebleich vor einem Meßbuch stehen und daneben einen wütenden schwarzen Hund, der die Zähne fletschte, als ob er sich im nächsten Augenblick auf die beiden stürzen wollte. Angstvoll sah der eine Mann um und als er den Burschen erblickte, gab er ihm ein Zeichen. Rasch lief dieser ins Dorf und holte den Pfarrer. Als der fromme Geistliche in die Bärge kam, mußte er die von den beiden halb beendete Messe wieder rückwärts lesen; erst dann verschwand der schwarze Pudel. — Die Männer hatten einen Schatz heben wollen, der schon lange dort vergraben ist, und hatten sich zu diesem Zwecke von dem Mesner aus Schwarzenberg ein Meßbuch zu verschaffen gewußt.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 94, S. 72