8. Das Felsowieble

An der Klus hat in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein Weiblein, das Felsowieble, gehaust. Seine Hütte stand im See auf einem mächtigen Felsblock, zu dem ein schmaler Steg hinüberführte. Es galt allgemein als Hexe und man hieß es drum auch das Hexowieble. Es konnte machen, daß man gestohlenes Gut wieder zurückbringen mußte. Es hatte Zauberbücher, wie den "Christopholus" und das "Schildwachbüchle", in denen man die verschiedenen Gsätzle rückwärts liest. Oft hat man sogar den Teufel selber beim Felsowieble gesehen. Dieses Weiblein soll noch immer die alte Tracht getragen haben: einen dicken Flanellrock, ein rotes Schöple mit Schößchen daran, wie sie die Postillons trugen, eine breite altmodische schwarze Schürze mit großen weißen Blumen und auf dem Kopfe die Boartokappe, deren lange Bänder unter dem Kinn gebunden wurden. Die Schwestern Elbs von Kugelbeer erzählten, daß sie sich als Kinder immer sehr gefürchtet haben, beim Felsowieble vorbeizugehen, wenn sie in die Schule nach Bregenz mußten.

Als die neue Straße nach Lindau gebaut wurde, soll man dem Felsowieble die Hütte im See abgekauft und ihm eine andere an der Klus gebaut haben. Später wurde auch diese abgebrochen. Als man die Bahn baute, wurde der Felsen im See, auf dem die Hütte gestanden hatte, gesprengt und für den Bau des Bahndammes verwendet.

Auch die alte B. von Lochau galt als eine Hexe, die den Leuten verschiedene Krankheiten, besonders böse Augen, angewünscht haben soll.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 8, S. 34