131. Der Aufhocker wallfahrtet

Viele Leute, die nachts von Dornbirn nach Haselstauden gingen, hörten unter dem Fischbachbrückle pfnitzen (niesen), ohne sich darum weiter zu kümmern. Endlich sagte einer der späten Wanderer: „Helf dir Gott, wenn dir zu helfen ist." Plötzlich stand ein Mann vor ihm und sprach: „Ja, mir wäre zu helfen, wenn du mit mir nach Rankweil gingest, aber heute noch." Der Wanderer erwiderte: „Ja, ich will dir helfen, weil ichs versprochen habe, obwohl ich sehr müde bin; aber zuerst muß ich heim und zunachtessen und mein Vorhaben meinem Weibe mitteilen." Daheim bestürmte die Frau ihren Mann, das Versprechen nicht zu halten, er aber wollte sein Wort nicht brechen und ging wieder aufs Brückle, den Geist abzuholen. Dieser sprang ihm auf den Rücken und er mußte ihn so bei der Nacht bis Rankweil tragen, und zwar bis auf die Kirchentürstufen. Dort verließ ihn der Geist und sagte: „So, du hast mich erlöst und ich werde dich auch erlösen." Der Mann hatte unter der unheimlichen Bürde schwitzen müssen. Von da an war er krank und in sechs Wochen eine Leiche. — Der Geist hatte in seinem Leben eine Wallfahrt nach Rankweil gelobt, aber sein feierliches Versprechen nicht gehalten.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 131, S. 91