Das Kopfweh

In früherer Zeit waren noch alle Geister sichtbar, bis sie von einem Papst auf dreihundert Jahre verbannt wurden. So ging einmal ein Mann aufs Älpele hinauf. Er befand sich eben unter der ersten Hütte, als ihm eine Schar Geister begegnete. Singend und jodelnd zogen sie an ihm vorüber. Plötzlich fühlte er einen rasenden Schmerz im Kopfe. Er begab sich nach Hause, woselbst er sein Erlebnis erzählte. Da sich aber sein Kopfweh durch kein Mittel besserte, wurde ihm geraten, genau ein Jahr später die Geister an derselben Stelle wie am vorhergehenden Jahr zu erwarten. Er befolgte den Rat und begab sich an dem Tage, als sich die sonderbare Begebung jährte, auf den Platz und wartete auf die Geister. Auf einmal hörte er wieder ihr Singen, und als sie näher gegen ihn kamen, hörte er einen sagen: „Da habe ich letztes Jahr mein Beil in einen Stock geschlagen, welches ich heute nun mitnehmen muß.“ Als er das gesagt hatte, waren die Kopfschmerzen vollständig verschwunden.

Quelle: Heimat, 2. Jg. (1921), S. 20, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 215