Vom Ötzthale
1.

Nach einer alten Volkssage, welcher Georg Mayr, Curat zu Längenfeld (1743-63) in seiner Chronik erwähnt, soll noch im zehnten Jahrhundert der Thalboden von Längenfeld von einem großen See bedeckt gewesen sein, der vom Weiler Pirstig im sogenannten untern Kirchspiele bis zum grünen Brunnen an der Burgsteiner Wand im obern Kirchspiele in einer Länge von ungefähr zwei Stunden von einer Thalseite zur andern sich ausdehnte. In jener Zeit seien nur die höher gelegenen Orte z. B. Brand, Burgstein, Seekar, Aschbach sammt einigen andern bewohnt gewesen und der Weg nach Umhausen führte über den Tauferberg. Im untern Kirchspiele sollen die ersten Wohnungen zu Ennemoos und Dorf erbaut worden fein. (Beschreibung der Diöcese Brixen 3, 327.)

2.

Die Gegend von Huben soll noch im zehnten Jahrhundert von einem See bedeckt gewesen sein, welcher von der Platten an (das Gebirge östlich von der Burgsteiner Wand bis Aschbach heißt der Plattner Berg) bis Seekar sich erstreckt habe. Nach dem Abfluße dieses See's fiengen die Bewohner der umliegenden Höhen an, sich in der Niederung anzusiedeln und den ausgetrockneten Seeboden urbar zu machen. Die älteste Ansiedlung soll "zur Mühl" gewesen sein. Eines der ältesten Häuser "auf der Hüben" ist nachweislich im Jahre 1420 erbaut worden. (Ebendort 3, 386.)

3.

Die Gegend von Sölden soll schon in sehr früher Zeit bevölkert worden sein und zwar zuerst auf der Ostseite das Thal Windach durch Jägersleute aus dem Stubaier Thal. Im südlichen Theile sollen die ersten Bewohner ans dem Vinstgau [Vinschgau] gekommen sein und sich zuerst auf Geißlach niedergelassen haben. Im zwölften Jahrhundert fei ein heftiger Streit zwischen den Einwohnern von Zwieselstein und jenen von Wolfart wegen der Weiden auf dem Brunnenberg entstanden und endlich zu Wolfart mit dem Hammerschlage entschieden worden. (Ebendort 3, 392.)

4.

Das rauhe Hochthal von Gurgl soll seine ersten Ansiedler aus dem Süden, wahrscheinlich aus dem Thale Pfelders, erhalten haben. (Ebendort 3, 403.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 944, Seite 540f.