Die Salingen
1.


Die Frauen, welche die "Salingen" heißen, tanzen und singen gerne. Den Guten sind sie hold, den Bösen gram. Auf "Mühlegg" und bein "Taufnerbrünnel" tanzten die Salingen am liebsten. Sie waren prächtig gekleidet und sangen wunderschön zum Tanze. Da hätten die Bursche, die dies sahen, wohl auch gerne mitgetanzt, aber nur ganz braven wurde dies Glück zu Theil. Kamen Bursche, die schon Liebschaften hatten, in die Nähe, verschwanden die Frauen auf der Stelle. Auf der "Zingler- und Mittagsspitze" erschienen solche Frauen oft und lockten das weidende Vieh. War der Hirt ohne eine Liebschaft, so führten sie das Vieh auf gute Weideplätze und es nahm zusehends auf; hatte aber der Hüter kein reines Herz, verlockten sie die Kühe, daß man sie abends weit und breit suchen mußte. - Einmal verirrten sich drei Bursche, die auf Wanderschaft gehen wollten, am Tage ihrer Abreise im Walde unter "Frawort" und fanden ein großes Feuer. Sie setzten sich daran und wohl that ihnen die Wärme in der kalten Herbstnacht. Wie sie behaglich von ihrer Reise und ihren Entwürfen plauderten, kamen, - es gieng schon gegen Mitternacht, - drei wunderschöne Frauen, setzten sich zu ihnen und versprachen, sie glücklich zu machen, wenn sie das, was sie ihnen geben würden, binnen einem Jahre keinem Weibsbilde zeigen oder geben würden. Da bekam jeder ein goldenes Ringlein und dankend schieden sie, als der Morgen annahte, von den Salingen. Allein, wie es auf der Wanderschaft geht, die Bursche fanden Mädchen, die ihnen gefielen, und gaben diesen die kostbarenGeschenke der Frauen. Heimgekehrt, hatten sie nie mehr das Glück, eine solche Frau zu sehen, und kein guter Stern leuchtete ihnen. (Aichleit.)

2.

Einige Mädchen von Aichleit waren auf dem Felde und sahen ein Seil spannen vom "Unterkreßbrunn" bis zur "Rast". Voll Staunen standen sie still und schauten, wer das thue. Bald kamen drei wunderschöne Frauen und hängten blühendweiße Wäsche auf. Da dachten sich die armen Dirnen: "Mein Gott, haben diese Frauen so viele und schöne Wäsche " Davon könnten sie uns wohl etwas schenken !" und giengen zu den Frauen und baten um ein Kopftuch. Sie wurden von den Salingen freundlich empfangen und ermahnt, fleißig zu spinnen. Thäten sie dies, würde jedes Mädchen ein schönes Tuch bekommen. Allein, während die Frauen mit ihnen huldvoll sprachen, wollte eine Dirne ein Stück Wäsche entwenden und blitzschnell waren "Salinge" und Wäsche verschwunden. (Aichleit.)



Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 64, Seite 42