Die Eroberung von Kufstein

Ende Septembers 1504 kam Maximilian mit Herzog Albrecht von Braunschweig, Friedrich, Casimir und Jörg, Markgrafen von Brandenburg, Christoph, Markgrafen zu Baden, den Bischöfen von Würzburg und Freising und vielen andern in seinem Kriegsheer nach Kufstein und ließ es auffordern. In dem Schloß kommandirte [kommandierte] Hans von Pienzenau, welcher dasselbe vorhin von dem Kaiser inne hatte, den aber eine goldene Kugel 30.000 Gulden schwer getroffen, daß er den Platz an Pfalz übergeben und die Bürger, so dem Kaiser die Thor eröffnen wollen, unter harten Bedrohungen zurückgehalten hatte. Er hatte gleichwohl vor dem Kaiser die Gefälligkeit, daß er ihn mit einem grausamen Knastern der Stücke begrüßet, dadurch aber derselbe sich zurückzuziehen gezwungen wurde, sagend:

"Uns erbarmet der Ritter, daß er hiemit nicht anders schaffet, denn daß er sich das Leben verkürzet."

Es wurden also in dem kaiserlichen Lager sieben Stückbettungen aufgeworfen und aus sieben Feldschlangen nach dem Schloß gefeuert, allein mit so schlechter Wirkung, daß der Kaiser mit Unnmuth [Unmut] sehen mußte, wie Pienzenauer den Ort an den Mauern, so die Kugeln getroffen, ihm zu Schimpf mit Besen abkehren lassen. Er verbiß dazumal den Zorn und sagte nur lächelnd zu seinen Soldaten:

"Sehet durch Gott ein neues Reiterstück!, dieser Kriegsmann will die Wunden der Mauern mit dem Besen heilen. Wir fürchten aber, daß aus diesen Ruthen ein Beil werde, ihm den Schädel abzuhacken."

Er mußte gleichwohl aus drei Tage Stillstand begehren, verschwur sich aber dabei, daß er keines Menschen im Schloß verschonen, und denjenigen, so eine Vorbitt einlegen wollte, mit einer Ohrfeige abfertigen werde. Unterdessen hatte Rudolf, der Fürst von Anhalt, Paul von Lichtenstein und Philipp von Rechberg, kaiserliche Regenten zu Innsbruck, zwei ungeheure Karthaunen gießen und zu Wasser nach Innsbruck bringen lassen. Eines davon hieß der Purlepaus, das andere der Weckauf. Diefe zwei Donnerbüchsen blitzten so grausam auf das Schloß, daß die Kugeln nicht nur die vierzehn Schuh breite Mauer durch und durch stießen, sondern auch bis in den Felsenstein anderthalb Schuh tief drungen, daß alles darob zu Trümmer gieng und den Belagerten der Muth zu sinken anfieng. -

Der Pienzenauer mußte also zum Kreuze kriechen, und schickte zwei edle Knaben, von Redwitz und Staufen genannt, in weißen Kleidern und mit Stäblein in der Hand in das Lager und ließ dem Kaiser das Schloß anerbieten, so fern ihm erlaubt würde, frei und unbekümmert mit Sack und Pack abzuziehen, und ließ den Kaiser um Huld bitten. Dieser hatte aber den Kopf aufgesetzt und gab ihnen kurzen Bescheid, sprechend:

"So will euer Hauptmann endlich einmal die Besen wegwerfen, mit denen er uns so lange gespottet? Geht, sagt ihm, wir verlangen mit keinem dergleichen Spottvogel einen Vergleich einzugehen. Hat er dieses schöne Schloß also zerschießen lassen, kann er anjetzt auch, so er will, die Trümmer behalten."

Auf dieses fieng der Pienzenauer mit seinem Anhang an zu verzweifeln, es befiel ihn eine große Furcht, und schlug seinen Stolz auf einmal darnieder. Ein jeder suchte, da überall schon die Kaiserlichen hereinbrachen, sich aus dem zersplitterten Schloß, so gut er möchte, zu flüchten. Es wurden aber alle aufgefangen und vor den ergrimmten Kaiser mit auf den Rücken gebundenen Händen geführt. Drei Henker warteten ihrer alldorten. Pienzenauer, ein ansehnlich schöner Mann von 36 Jahren, mit einem langen Bart, weil seine eheliche Wirthin kurz bevor verstorben, mußte der erste daran. Er entschuldigte sich mit einer kurzen Red gegen den Kaiser, nahm alsdann ein Glas Wein und gab herzhaft seinen Kopf dar. Ihm folgte Wambold, von Trautenberg, Tirigel, und andere vom Adel, in allem 23 an der Zahl, die sich darob theils sehr gräßlichen gestellten, absonderlich da es an den letzten, so ein Sachs war, kam, der auf keine Weise sterben wollte, sondern mit Kopf, Händen und Füßen darwider strebte und lang auf der Erden herumzappelte, daß alle Gegenwärtigen darüber ein lächerliches Spiel hatten. Es wurde aber doch Ernst, und mußte der gute Sachs auch wider seinen Willen über die Klinge springen. Doch was ihm selbst sein leidiges Verhängniß nicht verstattete, erhielt er den übrigen. Den Herzog Erich von Braunschweig bekam ob diesem blutigen Spiel ein Grausen. Er nahm sich das Herz, brachte in Namen aller anwesenden Fürsten, Grafen und Herrn bei dem Kaiser die Vorbitt an, nahm auch die angedrohte Maultasche von demselben wie wohl ganz sächtlich ein und erhielt allen übrigen zwanzig das Leben. Da denn die Großen herzuliefen und einen nach dem andern dem Scharfrichter aus den Händen rissen und zu sich nahmen. In der Vestung fand man einen großen Vorrath an allen Sachen und 30.000 Gulden in lauter schwarzen Pfennigen, die den Knechten zur Beute wurden. Jenseits des Inn sieht man noch eine Kapelle zum Ainlissen genannt, allwo der Pienzenauer sammt noch elf andern vonseinem [sic] Anhang enthauptet und begraben worden ist. (Merkwürdigkeiten III, S. 122.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 979, Seite 560ff.