Die drei verwünschten Jungfrauen

Ein Hirtenbub trieb die Schafe auf die Alm, wo ein großer Stein liegt, unter dem ein Schatz vergraben ist. Einmal legte er sich neben diesem Steine nieder und es überfiel ihn der Schlaf. Als er erwachte, sah er, dass es schon Nacht sei und die Schafe nicht da wären. Erschrocken sprang er auf, um die Tiere zu suchen. Da standen drei Jungfrauen vor ihm und trösteten ihn. Eine sprach: „Du brauchst dich um die Schafe nicht zu kümmern, denn sie sind schon gut versorgt.“ Als er sich aber nicht zufrieden geben und Weggehen wollte, baten sie ihn zu bleiben und sie zu erlösen, denn sie seien verwünscht. Folge er ihnen, werde er den Schatz bekommen und ein gar reicher Mann werden. Der Bub blieb dort. Da sagten sie ihm, er müsse aber, um sie zu erlösen, drei fürchterliche Dinge aushalten. Zuerst werde ein fürchterlicher Drache kommen, der einen langen Schweif nachziehe, er solle dann beileibe nicht zurückschauen. Habe er diese Probe glücklich bestanden, werde ihm vorkommen, als wenn Felsen und Berge über ihn herfallen und ihn erdrücken würden. Da dürfe er keinen Laut hören lassen. Die dritte Probe sei aber so entsetzlich, dass man sie nicht beschreiben könne. Er soll aber mutig aushalten und es werde ihm nichts Übles geschehen. Darauf verschwanden sie. Er überstand die erste Probe. Als aber Felsen und Berge krachten, schrie er auf — und da hörte er es unter dem Steine klingeln, als ob unendlich viele Taler hinunter rollten. Dabei hörte er die drei Frauen jammern und heulen. (Tannheim.)

Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 538, Seite 303.