Der Würger von "Stab"

Als an der Stelle des Marbachhofs noch eine unauffällige Asthütte stand, trieb dort ein Plaggeist sein Unwesen. Einmal streute er heimlich Asche ins Mus, dann ließ er den Kühen die Milch im Euter gerinnen, und ein drittes Mal zog er dem Melker den Schemel weg, sodass der Bursch auf den Rücken fiel und dabei die Milch ausgoss. So ging es tagein, tagaus den ganzen Sommer über.

Eines Tages kam der Melker nach "Stab", einer anderen Aste, und klagte dort sein Leid. Das kostete den "Staber" Melker nur einen Lacher.

"Wenn du dich fürchtest vor dem Geist", sagte er, "dann schick ihn zu mir heraus. Ich bin froh um einen Hoangert."

Als der Geist an diesem Abend auf "Marbach" zu rumoren begann, richtete ihm der Melker die Botschaft aus, und im selben Augenblick war es still in der Hütte. Gott sei Dank, dachte sich der Bursche, von mir aus kann der ungute "Zoch" für immer draußen bleiben auf "Stab". Am nächsten Sonntag, als er auf dem Kirchgang an der Aste vorbeikam, wunderte er sich, vom Melker nichts zu sehen. Sie hatten sich stets gemeinsam auf den Weg gemacht. Da sich auf seinen Ruf nichts rührte, hielt er Nachschau. In der Hütte lag der Melker tot auf dem Boden. Der Geist hatte ihn erwürgt.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 105.