Die Sau auf der "Stockaste"

Auch auf der "Stockaste" ging dereinst einer als Geist um, weil er zu Lebzeiten die ihm anvertrauten Tiere gequält hatte. Der Melker hörte jede Nacht um die Hütte herum grunzen, als begehrte ein Schwein Einlass. Ging er nachschauen, war nichts zu sehen. Da wurde es ihm zu viel, und er wollte dem Bauern schon den Dienst aufkündigen. Nur mit viel gutem Zureden gelang es dem Bauern, des Melkers Sinn zu ändern und ihn zur Rückkehr auf die Aste zu bewegen.

An diesem Abend klopfte ein armseliges Männlein an die Hüttentür und bat um ein Nachtlager. Der Melker war froh um jede menschliche Gesellschaft, und als die beiden beim Nachtmahl saßen, kam die Rede auch auf den nächtlichen Spuk.

"Da weiß ich wohl Rat", meinte das Mandl. "Mach einen Kessel Wasser heiß! Wenn es wieder grunzt, dann schüttest es in den Schweinetrog!"

Der Melker tat, wie ihm geheißen. Es dauerte nicht lang, da begann es draußen laut zu grunzen. Mit Schwung leerte der Melker den Kessel mit dem siedenden Wasser, dass vom Futtertrog der heiße Dampf nur so aufstieg. Im selben Augenblick hörte man draußen noch einen Grunzer, dann war der unheimliche Spuk für immer vorbei.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 106f.