DER GRÜNDLGEIST

Gegen das Kreuzjoch zu liegt eine Galtalm, das so genannte "Gründl". Dort trieb vor vielen Jahren ein boshafter Almgeist sein Unwesen und brachte die Almleute schier zum Verzweifeln. Das eine Mal kamen die Geißen mit leeren Eutern heim, das andere Mal baumelte der Melkeimer auf einer Zirbe. Manchmal hingen am Morgen zwei Stück Vieh an einer Kette, und wenn der Geißbub seine Sauerkäslein formen wollte, fand er im Topfen nicht selten schwarze Kügelchen, die nicht gerade appetitlich rochen. In der Nacht aber gab es ein Gepolter, dass dem Hirten auf seinem Lager der Angstschweiß auf der Stirn stand. Bald rumpelte es auf dem Dach, als flögen die Schindeln davon, dann rumorte es im Schweinekoben, dass die beiden Säue grunzend Reißaus nahmen. Gleich drauf pfiff und johlte es bei den Kälbern, dass sich die Tiere vor Schreck gegenseitig fast niedertraten. So trieb es der Geist manches Jahr tagein, tagaus. Einmal gelang es dem Geißbuben aber doch, dem Poltergeist den Aufenthalt auf der Galtalm so gründlich zu verderben, dass er sich dort nie mehr sehen ließ bis auf den heutigen Tag.

Es war an einem Abend, das Vieh stand im Stall, und der Geißbub werkte am Feuer, um sich ein Müsl zu kochen. Da klirrte ein Fenster, und der Geist schickte sich an, mit dem Hinterteil voran in die Stube zu fahren. Der Geißbub aber nahm augenblicklich den glühend heißen Dreifuß vom Feuer und stieß ihn gegen das Hinterteil des unfreundlichen Geistes. Ein Winseln war alles, was dieser hören ließ, dann war und blieb er verschwunden.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 46